Grundsätzlich stellen auch Umwandlungsvorgänge iSd §§ 20, 24 UmwStG Veräußerungsfälle dar. Vor diesem Hintergrund würde es sich ohne ausdrückliche anderweitige Anordnung – konkret § 13 a Abs. 5 Nr. 1 S. 2 ErbStG (sowohl in der alten als auch in der aktuellen Gesetzesfassung) – um begünstigungsschädliche Vorgänge nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 1 ErbStG handeln. Dieses Ergebnis würde jedoch den in den §§ 20 und 24 UmwStG zum Ausdruck kommenden ertragsteuerlichen Wertungen diametral entgegenstehen.

Vor diesem Hintergrund ordnet § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 ErbStG an, dass nicht die Durchführung der von den §§ 20, 24 UmwStG erfassten Maßnahmen einen begünstigungsschädlichen Nachsteuertatbestand darstellt, sondern vielmehr erst die anschließende Veräußerung der durch diese Maßnahme erworbenen Anteile.

§ 20 UmwStG betrifft die Einbringung von Betriebsvermögen in die Kapitalgesellschaft, § 24 UmwStG die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft. Entscheidend ist jeweils, dass die Einbringung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Ob hingegen die Einbringung steuerlich zu Buchwerten, Teilwerten oder Zwischenwerten stattfindet, spielt keine Rolle. Denn erbschaftsteuerrechtlich kommt es insoweit nicht auf die Vermeidung einer ertragsteuerlichen Gewinnrealisierung an, sondern auf die (tatsächliche) Fortführung des Betriebs (wenn auch in anderer Rechtsform, vgl. Riedel in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG und BewG, § 13 a Rn 174). Denn maßgeblich ist – wie der BFH nun zutreffend ausführt – die fortbestehende Bindung des begünstigt erworbenen Vermögens in einem Unternehmen. Diese rechtfertigt – sowohl nach altem als auch nach neuem Recht – die erbschaftsteuerliche Begünstigung. Sie wird insbesondere auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Anschluss an einen (ersten) Vorgang nach den §§ 20, 24 UmwStG eine weitere Umstrukturierungsmaßnahme vorgenommen wird. Das ursprünglich steuerbegünstigt erworbene Vermögen muss daher solange weiterhin als begünstigt gelten, bis tatsächlich eine Veräußerung oder ein veräußerungsähnlicher Vorgang stattfindet, der nicht unter den §§ 20, 24 UmwStG subsumiert werden kann. Diese Grundsätze sind auch unter der Geltung des ErbStG 2009 uneingeschränkt anwendbar.

Über den Wortlaut des Gesetzes und den Inhalt der vorliegenden Entscheidung hinaus sollten auch solche Vorgänge, die unter § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG fallen (steuerneutrale Überführung von Wirtschaftsgütern in ein anderes Betriebsvermögen bzw. das Vermögen einer Mitunternehmerschaft) privilegiert sein (vgl. Hübner/Hübner, Erbschaftsteuerreform 2009, S. 453; Riedel in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG und BewG, § 13 a Rn 175). Denn es handelt sich auch (nach gesellschaftsrechtlicher Diktion) um eine Einbringung. Darüber hinaus wird die Privilegierung gem. § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 2 Alternative 2 ErbStG auch für rechtsformwechselnde Umwandlungen sowie für Verschmelzungen gewährt. Die Privilegierung von Umwandlungsvorgängen bedeutet allerdings nicht, dass das hiervon betroffene Produktivvermögen vollständig aus der Behaltensfrist herausfallen würde. Vielmehr setzt sich die Behaltensfrist an den im Rahmen der Einbringung erhaltenen Gesellschaftsanteilen fort. Werden diese später (vor Ablauf der Behaltensfrist) veräußert, stellt dies einen Verstoß gegen die Behaltensregelungen dar und führt konsequenterweise zur Nachversteuerung (Abschnitt 10 Abs. 3 S. 3 AEErbSt, BStBl I 2009, 713, 723). Auf die Dauer der Behaltensfrist haben Umwandlungsvorgänge der hier in Rede stehenden Art keinerlei Einfluss. Somit beginnt nicht etwa im Zeitpunkt der Einbringung eine neue Behaltensfrist. Vielmehr kommt es allein auf den Zeitpunkt der Ausführung der begünstigten Zuwendung (Schenkung/Erbfall), also auf den Besteuerungszeitpunkt an (vgl. Jülicher in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 a Rn 252). Wesentlich ist im Übrigen, dass begünstigtes Produktivvermögen (Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil etc.) nach der Einbringung allein durch die erhaltenen Gesellschaftsanteile repräsentiert wird. Nur die Verfügung über diese Gesellschaftsanteile kann daher noch einen Verstoß gegen die Behaltensregelung auslösen (vgl. Riedel in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG und BewG, § 13 a Rn 179). Verfügungen der Gesellschaft über die im Zuge der Einbringung erlangten (ursprünglich begünstigt erworbenen) einzelnen Wirtschaftsgüter sind erbschaftsteuerrechtlich irrelevant (ebenso Jülicher in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 a Rn 252). Im Hinblick auf die aktuelle Fassung von § 13 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist allerdings davon auszugehen, dass im Falle der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft auch auf deren Ebene das Vorliegen begünstigungsschädlicher Überentnahmen zu prüfen ist (Jülicher in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 a Rn).

Dr. Christopher Riedel, LL. M., Rechtsanwalt, StB und FAStR, Düsseldorf/Essen

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