Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. (...)

1. Ohne Erfolg macht die Revision zunächst geltend, bei einem schuldhaft unvollständigen oder falschen Nachlassverzeichnis und auch später nicht nachgeholten vollständigen Informationen sei von einer Beweislastumkehr dahin auszugehen, dass den Erben die Beweislast für das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten treffe.

a) Der Pflichtteilsberechtigte ist für alle Tatsachen beweispflichtig, von denen der Grund und die Höhe des von ihm erhobenen Anspruchs abhängt (BGHZ 7, 134, 136; Palandt-BGB/Edenhofer, 69. Aufl. § 2317 Rn 10). Aus dieser allgemein anerkannten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgt zugleich, dass der Pflichtteilsberechtigte das Nichtbestehen einer von ihm bestrittenen, vom Erben substanziiert dargelegten Nachlassverbindlichkeit zu beweisen hat (Senatsbeschluss vom 11. Juni 2003 – IV ZR 410/02 – FF 2003, 218; MüKo-BGB/Lange, 5. Aufl. § 2311 Rn 1).

Die Frage, ob und inwieweit es ausnahmsweise zu einer Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast bis hin zu einer Umkehr der Beweislast für den Fall kommen kann, dass der Erbe schuldhaft seine Auskunftspflicht nach § 2314 Abs. 1 BGB verletzt, insbesondere ein unvollständiges oder fehlerhaftes Nachlassverzeichnis erstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und wird unterschiedlich beantwortet. Der Senat hat diese Frage in BGHZ 7, 134, 136 ausdrücklich offen gelassen. Im Schrifttum wird teilweise eine Umkehr der Beweislast bei schuldhafter Verletzung der Auskunftsverpflichtung angenommen (Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses 1976, S. 242 ff, 249; Damrau/Riedel/Lenz, Praxiskommentar Erbrecht § 2317 Rn 23). Überwiegend findet sich der Hinweis, eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Pflicht zur Erstellung der Auskunft sei im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen und könne unter Umständen zu einer Umkehr der Beweislast führen (MüKo-BGB/Lange § 2317 Rn 27; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl. § 2317 Rn 19; Staudinger-BGB/Haas BGB [2006] § 2317 Rn 49; Bamberger/Roth/Mayer, BGB 2. Aufl. § 2317 Rn 13; Frieser/Linder, Kompaktkommentar Erbrecht § 2317 Rn 18). Schließlich wird die Auffassung vertreten, eine schuldhafte Verletzung der Auskunftsverpflichtung sei lediglich bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (Baumgärtel/Laumen/Prütting-Schmitz, Handbuch der Beweislast 3. Aufl. § 2314 Rn 7; Palandt-BGB/Edenhofer, § 2317 Rn 10; Prütting/Wegen/Weinreich/Deppenkemper BGB, 4. Aufl. § 2317 Rn 11).

b) Eine Umkehr der Beweislast immer dann, wenn der Erbe die Auskunftspflicht nach § 2314 Nr. 1 BGB schuldhaft verletzt, ist nicht geboten.

aa) Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (BGHZ 113, 222, 224 f; 116, 278, 288; BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03 – NJW 2005, 2395 unter II 3 a). Hierbei trägt der Anspruchsteller – die Kläger als Pflichtteilsberechtigte – grundsätzlich auch die Beweislast für negative Tatsachen (vgl. für das Nichtbestehen eines rechtlichen Grundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB BGHZ 128, 167, 171). Dieser Beweislastverteilung liegen Überlegungen der generalisierenden Risikozuweisung zugrunde. Sie kann daher nicht durch einzelfallbezogene Billigkeitserwägungen überspielt werden (vgl. Zöller Greger ZPO, 28. Aufl. vor § 284 Rn 17). Eine Beweislastumkehr hat die Rechtsprechung demgemäß nur dann angenommen, wenn die Gefahr besteht, dass ein Beweis sonst gänzlich verloren geht. Das kommt etwa bei der groben Verletzung von Berufspflichten in Betracht, insbesondere im Bereich des Arzthaftungsrechts. Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, so muss der Arzt beweisen, dass die Schädigung des Patienten nicht auf diesem Fehler beruht (BGHZ 172, 1 Tz 25; 159, 48, 53; BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 – VI ZR 118/06 – VersR 2008, 490 Tz 11). In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass mit Zeitablauf die inneren und sich verändernden Vorgänge im menschlichen Körper nicht mehr rekonstruierbar sind. Ähnlich kann es liegen, wenn der Verpflichtete gegen Unfallverhütungsvorschriften verstößt, deren Sinn und Zweck gerade die Vermeidung von Unfällen der eingetretenen Art ist. Hier greift zugunsten des Geschädigten zumindest der Beweis des ersten Anscheins ein (BGH, Urteil vom 9. September 2008 – VI ZR 279/06 – VersR 2008, 1551 Tz 20). Demgegenüber gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass das Aufklärungsrisiko voll demjenigen zur Last fällt, der es durch seine Pflichtwidrigkeit geschaffen hat (BGHZ 104, 323, 333).

bb) Eine vergleichbare Interessenlage, die im Falle einer zunächst schuldhaft unvollständig oder fehlerhaft erteilten Auskunft des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen würde, liegt hier nicht vor. Ein Verlust von Beweismitteln zulasten des Pflichtteilsberechtigten droht regelmäßig nicht. Zwar können sich für ihn Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Anspruchs ergeben, wenn der Erbe ihm keine...

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