Schließlich herrscht Uneinigkeit hinsichtlich der Frage, was überhaupt der Gegenstand der Zuwendung an den begünstigten Dritten ist. So wird die Meinung vertreten, dies sei nicht die Versicherungssumme, sondern die Summe der vom VN gezahlten Prämien.[334] Demgegenüber war das RG[335] der Ansicht, dem Dritten werde "das Kapital oder die Rente ausbedungen, für welche Prämien oder eine Einstandssumme gezahlt werden".[336] Letzterem ist zuzustimmen. Denn die Versicherungssumme ist zwar regelmäßig wesentlich höher als die Summe aller Prämienzahlungen; es entstammen aber nicht nur diese Prämien dem Vermögen des VN. Vielmehr stand dem VN zu Lebzeiten auch das Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung zu; dieses hat sich bei widerruflicher Benennung des Begünstigten erst mit seinem Tod – wie gezeigt[337] – vom übrigen Nachlass abgespalten und ist – originär[338] – beim Begünstigten entstanden. Hinzu kommt der Umstand, dass die Todesfallleistung zugunsten des begünstigten Dritten nicht nur aus dem Sparanteil der Prämie, sondern auch aus deren Risikoanteil finanziert wird und der Versicherer die Todesfallleistung auch und gerade dann in der vollen vereinbarten Höhe erbringen muss, wenn die versicherte Person relativ bald nach dem Versicherungsbeginn verstirbt, zu einem Zeitpunkt also, bis zu dem noch nicht viele Prämien gezahlt wurden.[339] Insbesondere zum Zweck der Versorgung von Hinterbliebenen ist aber regelmäßig gerade dieser Betrag vorgesehen.[340]

Zugewandt – und zwar, wie gezeigt, von Todes wegen[341] – ist dem begünstigten Dritten daher nach § 328 Abs. 1 BGB der eigene unmittelbare Anspruch gegen den Versprechenden,[342] bei der Lebensversicherung somit gemäß § 159 Abs. 2 VVG 2008/§ 331 Abs. 1 BGB aF, § 166 Abs. 2 VVG aF nicht etwa nur die Summe aller gezahlten Prämien, sondern das Bezugsrecht oder – nach Fälligkeit des Versicherungsanspruchs[343] – die aufgrund dessen zu beanspruchende Versicherungsleistung, nämlich die Todesfallleistung.[344]

[334] So Medicus, aaO (Fn 6), Rn 401 (S. 250 f); ebenso Kanzleiter, in: Jagmann/Kaiser/Rieble, J. von Staudingers Kommentar zum BGB, 5. Buch., 13. Bearb. (1998), § 2301 Rn 49; Kipp/Coing, aaO (Fn 62), § 81 IV 2 a (S. 451); Müßig, geb. Seif, in: Kroiß/Ann/Mayer, aaO (Fn 38), § 2301 Rn 42; Musielak, in: Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), MüKo zum BGB, aaO (Fn 120), § 2301 Rn 43; Reimann, in: Reimann/Bengel/Mayer, aaO (Fn 47), § 2301 Rn 73; M. Schmidt, in: Erman, aaO (Fn 7), Bd. II, § 2301 Rn 14; Wolf, in: Soergel, BGB, Bd. 9, 12. Aufl. (1992), § 2301 Rn 27; RGZ 128, 187; BGH, FamRZ 1976, 616; s. auch Petersen, AcP 204 (2004), 832 (833 ff); vgl. BGH, NJW 1965, 1913 (1914) (Bausparvertrag).
[335] RGZ 1, 188 (190 f). Die Entscheidung betraf allerdings noch das preußische Recht; s. auch oben, II 1 a aa.
[336] S. auch Peters, MDR 1995, 659 (660 Fn 28, 661 Fn 54); vgl. Winter, in: Bruck/Möller, aaO (Fn 70), Anm. H 24 (S. 1074); RGZ 61, 217 (218 f). Ähnlich dem hier Vertretenen jetzt auch BGH, Urt. v. 28.04.2010 – Az: IV ZR 73/08 und 230/08 (Mitteilung der Pressestelle Nr. 89/2010 vom selben Tag; Urteil in diesem Heft, oben S. 189), wobei allerdings grundsätzlich auf die Höhe des Rückkaufswerts in der letzten Lebenssekunde des VN abgestellt wird, der jedoch regelmäßig niedriger ist als die vertraglich ausbedungene Todesfallleistung.– Widersprüchlich RGZ 128, 187 (189: Anspruch auf die Versicherungssumme; 190 f: gezahlte Prämien).
[337] Oben, II 3 b bb.
[338] Oben, II 1 a bb.
[339] Die Todesfallleistung setzt sich in der Regel zusammen aus dem gebildeten Deckungskapital zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls und der Differenz zur vereinbarten Todesfallsumme, die vom Versicherer "aufzufüllen" ist. Besonders deutlich wird das in der Fondsgebundenen Lebensversicherung (FLV). Dort wird als Todesfallleistung in der Regel der Geldwert der Wertpapiere (z. B. Investmentfondsanteile) zuzüglich einer Risikosumme erbracht, deren Höhe sich aus der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Todesfallsumme und dem Geldwert des Deckungskapitals ergibt; die Risikosumme ist somit umgekehrt proportional vom Wert des Deckungskapitals abhängig (vgl. Henke, Investmentfonds in der privaten und betrieblichen Altersversorgung, 2004, S. 64; Kurzendörfer, aaO [Fn 2], S. 105).
[340] Siehe dazu oben, I.
[341] Soeben oben, II 3 c ee, ff.
[342] Peters, MDR 1995, 659 (661 f); Zehner, AcP 153 (1954), 424 (430, 432); ebenso bereits G. Reinicke/D. Reinicke, NJW 1956, 1053; s. auch Finger, JuS 1969, 309 (311); Hoffmann, AcP 158 (1959/1960), 178 (187 ff); Harder, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 4.2.1976 – Az: IV ZR 156/73 (FamRZ 1976, 616), FamRZ 1976, 617; vgl. RGZ 61, 217 (218 f).
[343] Da der Anspruch auf die Versicherungsleistung erst fällig wird, wenn der Versicherer seine Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalls beendigen konnte (§ 14 Abs. 1 VVG 2008/§ 11 Abs. 1 VVG aF; s. dazu bereits oben, II 3 c aa [6] mit Fn 253), ist Voraussetzung, dass der Bezugsberechtigte, der den Anspruch auf die Leistung g...

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