Die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte richtet sich ab dem 1.9.2009 nach § 105 FamFG. Dieser bestimmt: "In anderen Verfahren nach diesem Gesetz sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist." Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich künftig aus den §§ 343 f FamFG. Diese Regelungen entsprechen weitestgehend den bisherigen Vorschriften zur örtlichen Zuständigkeit. Zu erwähnen ist aber, dass in § 343 III FamFG, der an die Stelle des heutigen § 73 III FGG tritt, die bisherige Beschränkung der Zuständigkeit auf in Deutschland belegene Nachlassgegenstände gestrichen wurde. Neu ist auch die Zuständigkeit nach § 344 VII FamFG für die Entgegennahme der Erbschaftsausschlagungserklärung und ihrer Anfechtung.[15]

[15] Vgl. dazu Heinemann, ZErb 2008, 293.

1. Allgemeiner und gegenständlich beschränktem Erbschein nach künftiger Rechtslage

Die Abkehr von der Gleichlauftheorie wird für das Erbscheinsverfahren durch die Novellierung der Vorschrift des § 2369 I BGB flankiert. Neugefasst lautet die Vorschrift: "Gehören zu einer Erbschaft auch Gegenstände, die sich im Ausland befinden, kann der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden." Zweck des bisherigen § 2369 BGB ist unter Zugrundelegung der Gleichlauftheorie, einen Erbschein, zum Schutz des inländischen Rechtsverkehrs und zur Erleichterung von Verfügungen, auch bei Maßgeblichkeit eines fremden Erbstatuts, bereitzustellen.[16] Dieser Normzweck hat sich durch die Abkehr vom Gleichlaufgrundsatz erledigt.

Die Möglichkeit, einen Erbschein unter Bezeugung der Rechtsnachfolge nach ausländischem Recht zu erteilen, ergibt sich heute aus den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen in Verbindung mit § 2353 BGB.[17] Auch der die Rechtsnachfolge nach ausländischem Recht bezeugende Erbschein kann damit ein allgemeiner sein. Die Norm des § 2366 BGB ist in oben genanntem Bsp. der Verfügung eines Nachlassgemäldes in New York auch in Fällen, in denen auf die Erbfolge ausländisches Recht zur Anwendung berufen ist, anwendbar. Die extraterritoriale Anwendbarkeit des § 2366 BGB folgt aus der Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte zur Erbscheinserteilung. Immer wenn ein Erbschein von einem deutschen Nachlassgericht erteilt wurde, richten sich dessen Rechtswirkungen nach den Regeln der deutschen lex fori.[18] Die internationale Zuständigkeit zieht, vergleichbar der Rechtslage im Bereich der Nachlasssicherung, die Anwendbarkeit deutschen Rechts nach sich.

Daneben schien die teilweise Beibehaltung des Regelungsgehaltes von § 2369 BGB, nämlich die Möglichkeit der Erteilung eines in seinen Wirkungen territorial auf das Inland beschränkten Erbscheins, aus praktischen Gründen als sinnvoll.[19] Künftig kann sowohl in Fällen deutschen Erbstatuts wie auch bei Maßgeblichkeit eines ausländischen Erbrechts ein gegenständlich beschränkter Erbschein beantragt werden.[20]

[16] MüKo/Jörg Mayer (o. Fn 10), § 2369 Rn 1; Palandt/Edenhofer (o. Fn 4), § 2369 Rn 1.
[17] BT-Drucks. 16/6308, S. 222 u. 277 u. 348 f; Heinemann, DNotZ 2009, 6 (26); Schaal, BWNotZ 2007, 154 (155); Zimmermann, ZEV 2009, 53 (55).
[18] Hohloch in: Erman (o. Fn 6), Art. 25 Rn 50; Kegel/Schurig (o. Fn 7) S. 1023; Staudinger/Dörner ( o. Fn 3), Art. 25 Rn 878.
[19] BT-Drucks. 16/6306, S. 349.
[20] Palandt/Edenhofer (o. Fn 4), § 2353 Rn 14; Schaal, BWNotZ 2007, 154 (156).

3.2 2.

Begriff der Erbschaft in den §§ 2353, 2369 BGB

Aus den §§ 2353, 2369 BGB ergibt sich, dass ein Erbschein für eine "Erbschaft" zu erteilen ist. Von großer praktischer Bedeutung und dogmatischem Interesse ist dabei, wie dieser Begriff in den verfahrensrechtlichen Normen der §§ 2353, 2369 BGB auszulegen ist. In Betracht kommt dabei eine Interpretation im Sinne der materiellrechtlichen lex fori, weiter eine verfahrensrechtlich autonome und schließlich eine Interpretation lege causae.

Die bisherige Rechtsprechung scheint eine verfahrensrechtlich autonome Auslegung nahe zu legen. Denn nach ihr ist in Fällen, in denen deutsches Erbrecht nur zur zum Teil auf die Erbschaft anwendbar ist (Nachlassspaltung), die Aufnahme eines Geltungsvermerks im allgemeinen Erbschein zwingend. Ein Erbschein nach § 2353 BGB ohne Geltungsvermerk sei unrichtig, denn die internationale Zuständigkeit der inländischen Gerichte bestehe nur für den deutschem Recht unterliegenden Nachlass. Ein Erbschein ohne Geltungsvermerk unterliege daher der Einziehung, § 2361 BGB.[21] Demnach bezeugt das auszustellende Zeugnis also prinzipiell – trotz Nachlassspaltung – nicht nur die Rechtsnachfolge bezüglich des deutschen Erbrechts unterliegenden Spaltnachlasses, sondern auch in Bezug auf andere Spaltnachlässe. Ähnlich umfassend scheint auch die Begründung zum Regierungsentwurf die Reichweite des Erbscheins zu verstehen.[22]

Demgegenüber scheint eine Auslegung des Begriffs der Erbschaft im Sinne der materiellrechtlichen lex fori überlegenswert. Dem liegt folgender Gedankengang zugrunde:

Es handelt sich zwar beim Begriff der Erbschaft in den §§ 2353, 2369 BGB um einen Begriff des Verfahrensrechts, diese...

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