1. Erreichen der Zugewinngemeinschaft statt Gütertrennung durch Rechtswahl

Rechtlich unproblematisch kann bei, jetzt immer auch für sog. "Altehen" erreichbarer, Anwendbarkeit der EU-Güterrechtsverordnung (oben II.1.), eine Rechtswahl getroffen werden, ggf. eben mit Rückwirkung (Art. 23 Abs. 3 EU-GüterrechtsVO).

Damit ist z.B. die rückwirkende Rechtswahl des deutschen Güterrechts mit dem Regelgüterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1373 ff. BGB möglich, anstelle z.B. zuvor einer zwingenden Gütertrennung in einem vom islamischen Recht geprägten Staat, aber die Wahl auch einer Errungenschaftsgemeinschaft ausländischen Rechts mit Gesamtgut.

Für die Variante des Zugewinnausgleichs nach § 1371 Abs. 2 BGB, § 5 Abs. 2 ErbStG kann dann keine weitere Einschränkung im ErbStG relevant werden, weil hier kein Verbot rückwirkender eherechtlicher Vereinbarungen besteht[44].

Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob sich bei Wahl des erbrechtlichen Zugewinnausgleichs nach § 1371 Abs. 1 BGB, § 5 Abs. 1 S. 2, 4 ErbStG die Nichtanerkennung einer rückwirkend vereinbarten Zugewinngemeinschaft nach § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG auch auf die Wahl des internationalen Güterstatuts einschränkend auswirkt. Richtigerweise, wenn man Güterstatut (in internationaler Hinsicht) und innerhalb der anwendbaren Rechtsordnung den Güterstand trennt (s.o., unter II.2.), kann allein rückwirkend eine Rechtswahl z.B. der deutschen Rechtsordnung mit dann automatisch als Regelgüterstand eintretender Zugewinngemeinschaft nicht an § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG gemessen werden. Es wird nicht – wie nach dem Wortlaut in S. 4 gefordert – der Güterstand der Zugewinngemeinschaft rückwirkend vereinbart, sondern schlichtweg das deutsche Güterstatut und die Rechtsfolgen dieser Wahl führen anschließend zu einem Automatismus, soweit der Regelgüterstand beibehalten wird.

[44] Vgl. Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Gottschalk, § 5 Tz 253; Meincke/Hannes/Holtz, § 5 Anm. 43 f.

2. Erreichen einer ausländischen Zugewinngemeinschaft bzw. vergleichbarer Regelungen mit größeren Gestaltungsspielräumen

a) "Nettoyage" – "Fliegender Zugewinn"

Aufgrund der ggf. rückwirkenden Rechtswahlmöglichkeit (s.o. unter 5.1.) kann z.B. auch statt des deutschen Güterrechts mit Regelgüterstand der Zugewinngemeinschaft ein ausländisches Recht mit einem der Zugewinngemeinschaft vergleichbaren Güterstand (Kernbausteine: keine Gesamtgutsbildung, Geldausgleich unterschiedlicher Wertzuwächse im während des Güterstandes erworbenen Vermögen der Eheleute) gewählt werden (s.o., unter III.2.).

Sofern nach dem gewählten Güterstatut für vom Gesamtgut ausgenommenes Vermögen ein vorzeitiger Ausgleich von Zugewinn ohne formelle Beendigung des Güterstandes zu einem bestimmten oder einem beliebigen Zeitpunkt zulässig ist, ist dieses Ergebnis dann auch für Zwecke des § 5 ErbStG zu akzeptieren. Zwar ist ein sog. "fliegender Zugewinnausgleich" für Zwecke des § 5 Abs. 2 ErbStG ausgeschlossen, aber allein wegen der zivilrechtlichen Einschränkung, dass eine notariell beurkundete Vereinbarung über den Wechsel zu einem anderen Güterstand, z.B. zur Gütertrennung, erforderlich ist. Das Ergebnis folgt somit daraus, dass das deutsche Recht in §§ 1373 ff. BGB keinen Zugewinnausgleich ohne Beendigung des Güterstandes kennt. Soweit ein ausländisches Güterstatut aus deutscher Sicht – über die EU-GüterrechtsVO – anwendbar ist und anders vorgeht, ist das deshalb auch für Zwecke des § 5 Abs. 2 ErbStG zu akzeptieren. Da dieses Ergebnis noch nicht durch die Rechtsprechung gesichert ist, mögen sich für solche Vereinbarungen äußerst vorsorglich Rücktritts- oder Rückforderungsrechte empfehlen, mit denen der Ausgleichsberechtigte ggf. die Steuerneutralisation bei Nichtanerkennung und die Nichtsteuerbarkeit der aufgrund der Rückforderung stattfindenden Herausgabe dann über § 29 Abs. 1 Nr.1 ErbStG erreichen kann.

b) Vertragliche Zuweisung des Zugewinns an einen Ehepartner

Kennt ein gewähltes ausländisches Güterrecht mit Regel- oder Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft Regelungen, die den Zugewinn ggf. (so der Schweiz den Vorschlag) einem Ehepartner allein zuweisen, wird eine Anerkennung dieses Modells für Zwecke des § 5 Abs. 1 ErbStG von vornherein deshalb ausscheiden, weil nach § 5 Abs. 1 S. 2 ErbStG innerhalb des Güterstands der Zugewinngemeinschaft alle von den Bestimmungen der §§ 1373 ff. BGB abweichenden Bestimmungen nicht mit steuerlicher Wirkung anzuerkennen sind. Das muss vergleichbar für Vereinbarungen innerhalb eines vergleichbaren ausländischen Güterstandes gleichermaßen gelten.

Bei § 5 Abs. 2 ist eine solche Regelung nicht im Gesetz vorgesehen. Hier stellt sich die Frage, ob allein aus der Bezugnahme des § 5 Abs. 2 ErbStG auf die zivilrechtlich bestimmte Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB ein Verbot der Anerkennung einer solchen Vereinbarung hergeleitet werden kann. In § 1378 Abs. 1 BGB wird dem "anderen Ehegatten" als Ausgleichsforderung die Hälfte des Überschusses des Zugewinns des einen Ehegatten als Ausgleichsforderung zugeordnet. Es spricht manches dafür, dass eine ausschließliche Zuweisung des Zugewinns an einen Ehepartner, wenn auch isoliert zivilrechtlich aus deutscher Sicht anzuerkennen, für Zwecke des § 5 Abs. 2 ErbStG an der Legalverweisung auf § 1378 BGB und den grundsätzlichen Wertungen in dieser Vorschrift s...

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