Das ErbStG in seiner jetzigen Fassung enthält keine den allgemeinen Regelungen entsprechende Billigkeitsvorschrift.[22] Daher kann auf die subsidiären Billigkeitsregelungen der § 163 und § 227 AO rekurriert werden.[23] Die beiden Vorschriften weisen dieselben tatbestandsmäßigen Voraussetzungen auf, unterscheiden sich, abgesehen von unterschiedlichen Rechtsfolgen, aber auch darin, dass § 163 AO den Billigkeitserlass im Festsetzungsverfahren, § 227 AO den Billigkeitserlass im Erhebungsverfahren regelt.[24]
Diese Unterscheidung ist für den Steuerpflichtigen und seine Berater insbesondere deswegen wesentlich, da nach der Rechtsprechung des BFH Gesichtspunkte, die bereits im Steuerfestsetzungsverfahren vorzubringen waren oder noch sind, im Billigkeitsverfahren nach § 227 AO regelmäßig nicht berücksichtigt werden können.[25] In dieser Entscheidung vom 4.2.2010 hat der BFH auch ausgeführt, dass ein Erlass von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer aus sachlichen Gründen in Betracht kommt, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber in Folge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwider läuft, dass sie unbillig erscheint. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit nach § 227 AO wäre von dieser Vorschrift nur gedeckt, wenn angenommen werden könne, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – i.S.d. Erlasses entscheiden.[26] Unter Verweis auf seine Rechtsprechung zur insolvenzbedingten Nachsteuer hat der BFH in "normalen Zeiten" einen solchen für einen Billigkeitserlass erforderlichen Gesetzesüberhang verneint.[27]
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