In der momentanen Krise kann es insbesondere dann, wenn die "Abfederung" mit Kurzarbeitergeld nicht gelingt, dazu kommen, dass zunächst eine Unterschreitung der Mindestlohnsumme und im Anschluss die Insolvenz einritt. Für solche "Mehrfachverstöße" enthielten die ErbStR in ihrer am 30.12.2011 veröffentlichten Fassung in RE13a.12 Abs. 3 ErbStR 2011 eine Verwaltungsanweisung,[18] die im Beispiel 2 von HE13a.12 ErbStH 2011 konkretisiert wurde.[19] Danach war sowohl die Nachsteuer wegen Unterschreitung der Mindestlohnsumme als auch diejenige wegen des Behaltensfristenverstoßes, gegebenenfalls zeitanteilig gequotelt, zu berechnen. Der Nachsteuer unterlag dann der höhere Betrag, mit der Konsequenz, dass die jeweils höhere Steuerbelastung nachträglich eintrat. A 13a.12 ErbStR in der Fassung der koordinierten Ländererlasse vom 22.6.2017[20] enthielt ebenso wie die jetzt geltenden ErbStR 2019 keine entsprechenden Regelungen mehr. Daher ist m.E. davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung nicht mehr die Auffassung vertritt, der für den Steuerpflichtigen nachteilige höhere Betrag sei maßgeblich. Vielmehr ist zu vermuten, dass die Finanzverwaltung das in der Literatur entwickelte Argument der logischen Vorrangigkeit[21] anerkennt. Sowohl die Prüfung der Mindestlohnsumme als auch diejenige, ob die Behaltensregelungen eingehalten wurden, erfolgt am Ende der einschlägigen 5- oder 7-Jahres Frist. Tritt ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen ein, muss dies logisch vor dem Prüfungszeitpunkt der Mindestlohnsumme erfolgt sein mit der Konsequenz, dass dieser Nachsteuertatbestand vorrangig ist.

[18] BStBl Sondernummer 1/2011, 37.
[19] BStBl Sondernummer 1/2011, 161.
[20] BStBl I 2017, 902.
[21] Hierzu Jülicher in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rn 77.

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