I. Besonderheiten der Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art und Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand

Heger lenkte in ihrem Vortrag zunächst den Blick auf die Besonderheiten der Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art. Während die Trägerkörperschaft das Steuersubjekt sei, werde der Betrieb gewerblicher Art durch Rechtsprechung wie Verwaltung dennoch als ein eigenständiges Steuersubjekt angesehen. Folglich sei auch für jeden Betrieb gewerblicher Art das Einkommen gesondert zu ermitteln und festzusetzen. Dies führe zu dem steuerrechtlichen Unikum, dass ein Steuersubjekt mehrere zu versteuernde Einkommen habe. Obwohl tatsächlich ein einheitliches Rechtssubjekt vorliege, werde der Betrieb gewerblicher Art fiktiv verselbstständigt und die juristische Person des öffentlichen Rechts wie dessen beherrschender oder alleiniger Anteilseigner behandelt. Daher erfolge die Abgrenzung der Vermögenssphären von Trägerkörperschaft und Betrieb gewerblicher Art nach den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung. Die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art sei grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme ergebe sich mittlerweile aus dem Gesetz; § 4 Abs. 6 KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009. Die Frage nach der steuerlichen Behandlung der dauerdefizitären Tätigkeit eines Betriebs gewerblicher Art sei bislang in der Rechtsprechung ungeklärt geblieben. Der Streit sei allerdings durch das Jahressteuergesetz 2009 entschieden worden. Danach lägen verdeckte Gewinnausschüttungen vor. Zugleich seien aber nach dem Gesetz die Folgen dieser verdeckten Gewinnausschüttung bei Dauerverlustgeschäften eines Betriebs gewerblicher Art nicht zu ziehen (§ 8 Abs. 7 KStG).

Im Folgenden warf Heger die Frage auf, ob die für Betriebe gewerblicher Art geltenden Restriktionen auch dann Anwendung fänden, wenn die öffentliche Hand in privatrechtlicher Form handele, etwa mittels einer GmbH. In seinem Urteil zum kommunalen Querverbund habe der BFH[8] dazu festgestellt, dass die öffentliche Hand ihre Tätigkeiten beliebig bündeln könne, auch in einer Kapitalgesellschaft. Die Ausübung dauerdefizitärer Tätigkeiten führe aber zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Durch das Jahressteuergesetz 2009 habe der Gesetzgeber auf diese Rechtsprechung reagiert. Auch bei Kapitalgesellschaften werde die Rechtsfolge der verdeckten Gewinnausschüttung nicht gezogen, wenn ein Dauerverlustgeschäft ausgeübt werde. Unter den gleichen Voraussetzungen wie bei Betrieben gewerblicher Art liege dann keine verdeckte Gewinnausschüttung vor und sei eine Verlustverrechnung zwischen wirtschaftlichen Tätigkeiten möglich, die auch als Betrieb gewerblicher Art zusammengefasst werden könnten. Unter europarechtlichen wie verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sei es aber problematisch, der öffentlichen Hand – anders als allen anderen Steuerpflichtigen – die Verrechnung von Gewinnen aus wirtschaftlichen Tätigkeiten, insbesondere der ertragreichen Versorgungsbetriebe, mit Verlusten aus der hoheitlichen Sphäre, also aus nicht erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten, zu ermöglichen.

II. Grund und Inkonsequenzen der Besteuerung der öffentlichen Hand

Auch Hüttemann griff den Zweck der Besteuerung der öffentlichen Hand auf. Hinsichtlich der Frage, ob eine öffentliche Tätigkeit überhaupt besteuert werden müsse, sei ihre Wettbewerbsrelevanz das allein maßgebende Kriterium. Dabei schloss sich Hüttemann den Ausführungen seiner Vorrednerin dahingehend an, dass es insoweit nicht auf eine tatsächliche Wettbewerbssituation ankommen könne, sondern nur auf die Möglichkeit des Marktzutritts durch einen Privaten abzustellen sei, also eine potenzielle oder abstrakt-generelle Wettbewerbsrelevanz. Im Anschluss daran stelle sich die Frage, ob es auf die örtlichen Verhältnisse ankomme oder allgemein darauf, dass die Aufgabe ihrer Art nach von einem Privaten wahrgenommen werden könne. Dazu verwies Hüttemann auf die Entscheidung des EuGH[9] in der Rechtssache "Isle of Wight" zur Parkraumbewirtschaftung. Danach reiche es aus, dass die Tätigkeit ihrer Art nach von einem Privaten wahrgenommen werden könne. Dafür spreche auch, dass die Umsatzsteuer eine binnenmarktweit einheitliche, wettbewerbsneutrale Belastung des privaten Verbrauchs ermöglichen solle. Bei der Rechtsanwendung in Deutschland werde dagegen immer noch mühsam die Wettbewerbslage vor Ort überprüft. Wenn daran nicht mehr festgehalten würde, sei beispielsweise das Umsatzsteuerprivileg der Abwasser- und Abfallentsorgung nicht mehr zu halten.

Weiterhin kritisierte Hüttemann die Vorstellung von einem Betrieb gewerblicher Art als einer "virtuellen Kapitalgesellschaft". Dieses Konzept werde immer dann durchbrochen, wenn man die Folgen nicht akzeptieren wolle. Stattdessen plädierte Hüttemann dafür, anstelle des hier nicht anwendbaren Trennungsprinzips die Trägerkörperschaft als ein Gewinnermittlungs- und Steuersubjekt mit ihrem Gesamteinkommen zu behandeln. Verlustbetriebe hätten außer Betracht zu bleiben. Auch der Querverbund müsse abgeschafft werden.

[9] EuGH, Urteil vom 16.9.2008, C-288/07 ("Isle of Wight"), IStR 2008, 734.

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