Einführung

Die Schwierigkeit derartiger Fälle beginnt oftmals schon mit der Ermittlung des anwendbaren Rechts. Dabei mag man die Art. 25, 26 EGBGB[4] noch finden. Spätestens wenn es zu Rück- und Weiterverweisungen kommt oder Unteranknüpfungen bei Mehrrechtsstaaten[5] notwendig werden, gewinnt das Mandat jedoch an Anspruch, dem oftmals nur ein Spezialist für Erb- oder internationales Recht gerecht werden kann. Hinzu kommt noch die Ermittlung des für die Erteilung des Erbscheins zuständigen Gerichts oder die Prüfung, welche Urkunden ein Erbe zur Glaubhaftmachung gemäß § 2356 Absatz 1 BGB vorlegen muss und ob die vorhandenen Urkunden für den Nachweis im Sinne des § 2356 Absatz 1 BGB ausreichen. Nach dem sog. Gleichlaufgrundsatz sind deutsche Nachlassgerichte nur dann zur Entscheidung berufen,[6] wenn auch deutsches Erbrecht Anwendung findet.[7] Bereits aus diesem Grund ist daher eine genaue Prüfung der kollisionsrechtlichen Verweisungsnormen zwingend erforderlich. Allerdings gilt das nicht ausnahmslos. So können deutsche Nachlassgerichte auch einen Erbschein unter Anwendung ausländischen Rechts, beispielsweise gemäß § 2369 BGB, erteilen.[8] Soweit gemäß § 2356 Absatz 1 BGB die Vorlage öffentlicher Urkunden notwendig ist, stehen ausländische Urkunden inländischen Urkunden gleich, wenn sie den Anforderungen des § 415 ZPO entsprechen. Auch dieses mag man noch der einschlägigen Kommentierung entnehmen. Schwieriger wird es, wenn das Nachlassgericht die Beweiskraft der vorgelegten ausländischen Urkunde nicht als ausreichend erachtet. Für eine ausländische Urkunde gilt nicht die Echtheitsvermutung gemäß § 437 ZPO, es sei denn, sie wurde durch den deutschen Konsul oder Gesandten, in dessen Bezirk sie errichtet wurde, legalisiert oder enthält eine Apostille.[9] Das alles kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Insbesondere wenn der Erbschein für den Verkauf geerbter Unternehmensanteile notwendig ist, können sich so schnell unkalkulierbare Haftungsrisiken ergeben.[10]

Dieser Aufsatz erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll dem Praktiker vielmehr einen Überblick verschaffen, der es ihm ermöglicht, einen Erbschein mit Auslandsbezug zu erhalten. Im Mittelpunkt soll der Bezug zu den USA stehen.

Mandate mit Auslandsberührung gewinnen auch in der Praxis des erbrechtlich tätigen Rechtsanwalts zunehmend an Bedeutung. Sei es, dass der Nachlass im Ausland belegen ist, oder dass der Rechtsanwalt vom ausländischen Erben um Rat gebeten wird. Oftmals ist es im Hinblick auf die Nachlassabwicklung erforderlich, einen Erbschein zu beantragen. Nicht nur bei unbeweglichem Nachlass bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs eines Erbscheins,[2] sondern auch Banken[3] verlangen regelmäßig die Vorlage eines solchen.

[4] Hierbei handelt es sich um die das Erbrecht betreffenden Kollisionsnormen des deutschen internationalen Privatrechts.
[5] Bspw. USA, Großbritannien, Kanada, Schweiz.
[6] Sog. internationale Zuständigkeit.
[7] Müller-Lukoschek in von Schuckmann/Sonnenfeld FGG 3. Auflage 2006, Band 3, § 73 Rn 49.
[8] Sogenannter Fremdrechtserbschein für inländisches Nachlassvermögen eines Ausländernachlasses.
[9] Vgl. zum Ganzen Mayer in MüKo BGB 4. Auflage 2004, § 2356 Rn 19; im Übrigen § 438 Absatz 2 ZPO und Art. 3, 4 des Haager Übereinkommens vom 5.10.1961.
[10] Vgl. Baumbach/Hopt Komm. HGB 30. Auflage 2000, § 12 Rn 5 zum Nachweis durch öffentliche Urkunden bei Eintragungen im Handelsregister.
[2] Vgl. § 35 Absatz 1 GBO, wonach der Erbschein bei Vorlage einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen entfallen kann.
[3] Regelmäßig bereits ab einem Wert des Nachlasses zwischen 3.000,00 EUR und 5.000,00 EUR; maßgeblich sind jedoch die jeweiligen AGBs bzw. vertraglichen Vereinbarungen; i. Ü. gilt, dass der Nachweis grundsätzlich auch in jeder geeigneten Form erbracht werden kann (vgl. BGH NJW 2005, S. 2779).

A. Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte

Ungeachtet der weitestgehend theoretischen Ansätze für die Vorschaltung einer kollisionsrechtlichen Fragestellung auch für das anzuwendende Verfahrensrecht[11] ist man sich im Ergebnis einig, dass sich das Verfahren immer nach dem Recht des angerufenen Forums richtet, sog. Lex fori-Prinzip.[12] Der hier tätige Rechtsanwalt muss sich daher zunächst einmal klarmachen, dass in dem Moment, in dem er ein deutsches Gericht anruft, dieses auch deutsches Verfahrensrecht, also die ZPO oder das FGG, anwendet. Dies gilt unabhängig davon, ob materiellrechtlich deutsches oder ausländisches Recht anzuwenden wäre.[13] Im zulässigen Fall hätte das deutsche Gericht ausländisches Recht anzuwenden.[14] Für die Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte gelten daher grundsätzlich die §§ 134 und 72 ff FGG. Allerdings muss der Bearbeiter beachten, dass Staatsverträge und EG-Verordnungen in Teilbereichen dem autonomen Verfahrensrecht vorgehen.[15] Die für Mitgliedstaaten der Europäischen Union regelmäßig beachtliche Europäische Gerichtsstand- und Vollstreckungs-Verordnung (kurz: EuGVVO), spielt jedoch im Erbscheinsverfahren lediglich eine mittelbare...

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