In der Rechtsprechung finden sich zur Ausfüllung der unbenannten wichtigen Gründe verschiedene Obersätze, die in der Literatur systematisierend zu drei sog. "Formeln" zusammengetragen wurden:[37]

Nach der "ersten Formel" liegt ein wichtiger Grund zur Entlassung namentlich vor, wenn der Testamentsvollstrecker begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder dass sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder am Nachlass Beteiligten ergeben würde.[38]
Nach der "zweiten Formel" soll die Entlassung schon dann unzulässig sein, wenn Umstände vorliegen, die den Erblasser, wenn er noch lebte, mutmaßlich zum Widerruf der Ernennung des Testamentsvollstreckers veranlasst hätten und die auch objektiv betrachtet diesen Widerruf als im Interesse des Erben oder sonstiger Beteiligter liegend erscheinen lassen.[39]
Nach der "dritten Formel" schließlich sollen Tatsachen, die dem Erblasser bei der Berufung des Testamentsvollstreckers bekannt waren, regelmäßig nicht dessen Entlassung rechtfertigen; hierbei müsse vielmehr berücksichtigt werden, ob der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht ernannt hätte, wenn er die späteren Auswirkungen dieser Tatsachen gekannt hätte.[40]

Die Heranziehung dieser Fallgruppen ist jedoch mit Blick auf die Sperrwirkung der gesetzlichen Typisierungen kritisch zu sehen. Die Formeln 1 und 2 umschreiben der Sache nach verhaltensbedingte Gründe in der Sphäre des Testamentsvollstreckers. Hierfür sieht § 2227 BGB jedoch bereits das Erfordernis einer groben Pflichtverletzung vor, das nicht durch ein Zurückfallen auf den Grundbegriff des wichtigen Grundes unterlaufen werden darf. Nach der hier vertretenen Ansicht umschreiben die "Formeln 1 und 2" daher keine statthaften Entlassungsgründe i.S.d. § 2227 BGB. Bei der "dritten Formel" dürfte es sich demgegenüber nicht um die Spezifikation eines wichtigen Grundes, sondern um einen bloßen Verweis auf die Testierfreiheit des Erblassers (Art. 14 Abs. 1 GG) handeln, die vorrangig bei der Ermessensausübung des Nachlassgerichts relevant wird.

[37] Muscheler, AcP 197 (1997), 226, 263 ff.
[38] Muscheler, AcP 197 (1997), 226, 263 m. Nachw. Aus d. Rspr.
[39] Muscheler, AcP 197 (1997), 226, 264 m. Nachw. aus d. Rspr.
[40] Muscheler, AcP 197 (1997), 226, 265 f. m. Nachw. aus d. Rspr.

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