In die Interessenabwägung konkret einzustellen sind etwa das Gewicht und die Auswirkungen der groben Pflichtverletzung auf den Nachlass, der Grad des Verschuldens, die Dauer der weiteren Testamentsvollstreckung und deren im Übrigen störungsfreier Verlauf sowie die Gefahr der Fortsetzung einer pflichtwidrigen Amtsführung.[44] Auch das korrespondierende Verhalten der Erben kann Eingang in die Ermessensentscheidung finden.[45] Eine vorherige Abmahnung des Testamentsvollstreckers durch den Antragsteller ist zwar keine formelle Voraussetzung für die Entlassung, bildet jedoch als milderes Mittel einen wichtigen Aspekt des Verhältnismäßigkeitsprinzips.[46] Setzt der Testamentsvollstrecker trotz einer formellen Abmahnung sein pflichtwidriges Verhalten fort, kann davon ausgegangen werden, dass der Testamentsvollstrecker sein pflichtwidriges Handeln auch in der Zukunft fortsetzt.

Das Gewicht, mit dem die Testierfreiheit des Erblassers in die Ermessensentscheidung einzustellen ist, hängt insbesondere auch davon ab, welcher Zustand mit der Entlassung eintritt. Hat der Erblasser einen Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt, würde im Fall einer Entlassung immer noch ein Vertrauter des Erblassers das Amt des Testamentsvollstreckers ausüben.[47] Die Testierfreiheit würde daher durch die Entscheidung in geringerem Umfang berührt.

[44] Vgl. für die Verhältnismäßigkeitsprüfung i.R.v. § 626 BGB: BAG NZA 2006, 491, 493; NZA 2010, 1227, 1231; NZA 2016, 1527, 530. Siehe ferner Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn 795; Staudinger-BGB/Dutta, § 2227 Rn 37.
[46] Siehe oben FN 17.
[47] Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn 795. Nach hier vertretener Auffassung kann einer vom Erblasser nicht gewollten Beendigung der Testamentsvollstreckung jedoch ggf. noch über die ergänzende Auslegung vorgebeugt werden, s. dazu sogleich unter Nr. III. 2. c.

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