Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers erübrigt sich die an sich gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 FamFG vorgeschriebene förmliche Belehrung der übrigen Miterben über deren Antragsrecht in Bezug auf eine Beteiligung, wenn das Nachlassgericht sie nicht nur von der Einleitung des Verfahrens benachrichtigt, sondern ihnen auch die Antragsschrift zur Stellungnahme binnen drei Wochen übersandt hat, ohne dass eine wie auch immer geartete Rückäußerung erfolgt ist.

2. Auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, namentlich einer groben Pflichtverletzung oder der Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung, darf das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten nur entlassen, wenn die darüber hinaus vorzunehmende Abwägung ergibt, dass die eine Entlassung rechtfertigenden Gesichtspunkte mit Blick einerseits auf die Stellung des Testamentsvollstreckers als nach dem Willen des Erblassers amtierende Vertrauensperson anderseits die Schutzbedürftigkeit der Nachlassbeteiligten durch staatliche Gerichte im Falle einer - ernstlichen - Gefährdung der Rechte oder Interessen der Erben ein Gewicht haben, das sich auch gegenüber den für eine Fortführung des Amtes sprechenden Umständen durchsetzt (hier verneint).

 

Normenkette

FamFG § 7 Abs. 4 S. 1, § 7 S. 2, § 345 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 345 S. 3; BGB § 2227

 

Verfahrensgang

AG Neuss (Beschluss vom 20.05.2014; Aktenzeichen 55N VI 172/02)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.

Geschäftswert: bis 65.000 EUR

 

Gründe

I. Die Erblasserin war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Ihre Geschwister waren vorverstorben. Eine Schwester hinterließ fünf Söhne mit dem Familiennamen W. - darunter die Beteiligten -, die andere zwei Töchter sowie vier Enkel einer vorverstorbenen Tochter. Zumindest in den letzten Lebensjahren der Erblasserin verwaltete der Beteiligte zu 1. deren Vermögen, auch den Grundbesitz.

Die Erblasserin errichtete am 23.12.1980 ein notariell beurkundetes Testament. Hierin setzte sie (in Art. I.) ihre - damals noch sämtlich lebenden - acht in numerischer Reihenfolge benannten Neffen und Nichten zu gleichen Teilen als Miterben ein. Sodann hieß es unter anderem:

"Artikel III.

Zu meinem Nachlass werden gehören... [zwei bebaute Grundbesitzungen]

Ich vermache meinen in Artikel I genannten Erben in der angegebenen Reihenfolge das Recht, eines der vorgenannten Hausgrundstücke aus meinem Nachlass käuflich zu übernehmen jeweils gegen Zahlung eines Betrages, der 80 v.H. des Sachwertes des entsprechenden Grundbesitzes im Zeitpunkt der Ausübung des Übernahmerechts entspricht.

Sollten sich die Beteiligten über die Höhe des Sachwertes nicht gütlich einigen,...

Das Übernahmerecht kann von dem Berechtigten nur ausgeübt werden innerhalb von drei Monaten nach Eröffnung dieses Testaments.

Übt der zunächst Berechtigte das Übernahmerecht nicht aus, so beginnt die Dreimonatsfrist für die danach Berechtigten jeweils mit Ablauf der Frist für den zunächst Übernahmeberechtigten.

Die Übernahmeberechtigten in der angegebenen Reihenfolge können jeweils nur eines der Hausgrundstücke übernehmen, es sei denn, für beide Grundstücke findet sich nur ein Übernahmeberechtigter.

...

Das Übernahmerecht ist gegenüber meinem Testamentsvollstrecker mittels eingeschriebenen Briefes auszuüben. Der Testamentsvollstrecker hat die übrigen Miterben unverzüglich von der Ausübung des Rechts zu informieren.

...

Artikel IV

Ich ordne für meinen Nachlass eine Testamentsvollstreckung an. Der Testamentsvollstrecker soll die Nachlassverbindlichkeiten erfüllen, die von mir getroffenen Anordnungen durchführen und im Übrigen den Nachlass unter den Erben auseinandersetzen.

...

Zu meinem Testamentsvollstrecker berufe ich meinen in Artikel I genannten Neffen H. W..

Sollte dieser das Amt nicht annehmen können oder wollen, so soll Ersatztestamentsvollstrecker sein mein in Artikel I genannter Neffe P. W..

Der Testamentsvollstrecker soll von allen Beschränkungen und Verpflichtungen befreit sein, von welchen das Gesetz die Befreiung gestattet... Der Testamentsvollstrecker ist insbesondere von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches befreit, soweit es gegebenenfalls um die Durchführung der Übertragung von Grundbesitz gemäss Artikel III. auf ihn selbst geht."

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 15.3.2002 nahm der Beteiligte zu 2. das Amt als Testamentsvollstrecker an.

Unter dem 24.8.2013 übersandte P. W. dem Nachlassgericht ein eigenhändiges Testament der Erblasserin vom 17.12.1994. Diese Erklärung lautete:

"Hiermit vermache ich, nach meinem Tode, meinem Neffen P. W. meine sämtlichen Effekten vom Depot... bei der Stadtsparkasse Neuss zu seinem persönlichen Eigentum."

Mit am 1.7.2013 bei Gericht eingegangener Schrift seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Beteiligte zu 1. beantragt, den Beteiligten zu 2. aus dem Amt als Testamentsvollstrecker zu entlassen, und sich hierzu auf zahlreiche Pflichtverletzungen des Beteiligten zu 2. berufen. Diesen An...

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