I.

Mit handschriftlich errichtetem Testament vom 20.10.2019 bestimmte der Erblasser die Beteiligten zu 1 bis 3 zu jeweils gleichen Anteilen zu seinen Erben. Mit weiterem Testament vom 6.3.2021, überschrieben als Nottestament, geschrieben von der Beteiligten zu 3, vom Erblasser sowie von drei Zeugen unterschrieben, setzte der Erblasser die Beteiligte zu 3 zu seiner Alleinerbin ein.

Gestützt auf das Testament vom 20.10.2019 hat der Beteiligte zu 1 einen die Beteiligten zu 1 bis 3 als Miterben zu je ⅓-Anteil ausweisenden Erbschein beantragt.

Dem ist die Beteiligte zu 3 unter Berufung auf das Testament vom 6.3.2021 entgegengetreten. Hierzu hat sie vorgebracht, die Voraussetzungen für die Errichtung eines Nottestaments hätten vorlegen. Am 6.3.2021, einem Wochenendtag, habe der Erblasser aufgrund seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung befürchtet, alsbald in einen Zustand zu verfallen, in dem er nicht mehr in der Lage sein würde, ein Testament zu errichten, und in der Folge zu versterben. Ein Notar sei nicht erreichbar gewesen. Auf Wunsch des Erblassers sei am 6.3.2021 dann die Behandlung mit Schmerzmitteln ausgesetzt worden, um in der Lage zu sein, seinen letzten Willen wirksam zu äußern.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des vom Beteiligten zu 1 gestellten Erbscheinsantrags erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Das Nottestament sei nicht wirksam, denn die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen seien nicht gleichzeitig anwesend gewesen. Sie hätten die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben.

Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 6.10.2021 zugestellten Beschl. v. 28.9.2021 wendet sich die Beteiligte zu 3 mit ihrer Beschwerde vom 3.11.2021. Sie meint, der Gesetzeswortlaut von § 2250 BGB verlange schon nicht die gleichzeitige Anwesenheit von drei Zeugen. Wegen der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen hätten nicht gleichzeitig drei Personen den Erblasser im Krankenhaus besuchen dürfen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf mit weiterem Beschl. v. 5.11.2021 zur Entscheidung vorgelegt. Es schließe sich der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung an, wonach aus dem Gesetzeswortlaut von § 2250 BGB, der die "mündliche Erklärung vor drei Zeugen" verlange, das Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit von drei Zeugen folge. Die Anwesenheits- und Mitwirkungspflicht gelte für die mündliche Erklärung des letzten Willens, dessen Aufnahme und Verlesung und deren Genehmigung durch den Erblasser. Das Vorbringen der Beteiligten zu 3, aufgrund der Pandemie-Situation hätten die drei Zeugen den Erblasser nicht gleichzeitig besuchen dürfen, sei durch nichts belegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte sowie den der beigezogenen Akte über die Verfügung von Todes wegen (AG Mülheim an der Ruhr – 4 IV 253/21) verwiesen.

II.

Die nach Maßgabe von §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Feststellungsbeschluss des Nachlassgerichts vom 28.9.2021 ist dem Senat zur Entscheidung angefallen, nachdem das Nachlassgericht mit weiterem Beschl. v. 5.11.2021 ordnungsgemäß die Nichtabhilfe und Vorlage erklärt hat, § 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 FamFG.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das als Nottestament am 6.3.2021 errichtete Testament unwirksam ist. Der vom Nachlassgericht eingenommene Rechtsstandpunkt, wonach § 2250 BGB die gleichzeitige Anwesenheit von drei Zeugen während des gesamten Errichtungsakts verlangt, entspricht der einhellig in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung. Anlass, hiervon aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen abzuweichen, besteht nicht. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss und im Nichtabhilfebeschluss merkt der Senat Folgendes an:

Gem. § 2250 Abs. 3 S. 1 BGB handelt es sich bei den Vorschriften über den Errichtungsakt um zwingende Vorschriften ("muss"). Zwingende Vorschriften sind indes schon grundsätzlich nicht ausnahmefähig. Das gilt auch für § 2250 BGB, der seinerseits schon eine Ausnahmevorschrift ist und abweichend von den ihrerseits bereits strengen Formvorschriften der §§ 2231, 2247 BGB und der weiteren Ausnahmevorschrift des § 2249 BGB (Nottestament vor dem Bürgermeister) die Zulässigkeit eines Nottestaments regelt. Die Bedeutung von § 2250 BGB und die dort normierte Errichtung vor drei Zeugen liegt darin, dass durch möglichst klare und unmissverständliche Wiedergabe der Erklärungen des Erblassers dessen letzter Wille sowohl zum Ausdruck als auch zur Geltung gebracht werden soll. Welche Anforderungen aber erfüllt werden müssen, damit die statt vor einem Notar oder einem Bürgermeister vor Laien niedergelegten Erklärungen des Erblassers als rechtsverbindliche Wiedergabe seines in naher Todesgefahr geäußerten Willens gewertet werden können, steht nicht im Er...

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