II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Das Rechtsmittel führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage nicht nur auf der Wertermittlungsstufe, sondern auch auf der beim Landgericht noch anhängigen Leistungsstufe. Dieser ist jegliche Grundlage entzogen, weil der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Leistungsempfängerin, der vom Kläger gem. § 93 SGB XII übergeleitet worden sein könnte, verjährt ist. In diesem Fall kann das Rechtsmittelgericht gleichzeitig die weiteren Stufen durch einheitliches Endurteil abweisen (BGHZ 94, 268, 275; Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 254 ZPO Rn 14 m.w.N.). Daran ist der Senat auch nicht deshalb gehindert, weil der Beklagte mit der Berufung lediglich beantragt hat, die Stufenklage in der Wertermittlungsstufe abzuweisen. Der Antrag des Beklagten kann ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden, dass dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse des Berufungsklägers entspricht. Dies gebietet ohnehin der Grundsatz der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO § 520 Rn 77 m.w.N.). Dieses Interesse des Beklagten ist bei verständiger Würdigung auf Abweisung der gesamten Klage gerichtet.

Der vom Kläger auf sich übergeleitete Pflichtteilsergänzungsanspruch der Leistungsempfängerin gem. § 2325 BGB ist ebenso verjährt wie der Wertermittlungsanspruch gem. § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gem. § 2325 BGB richtet sich gem. Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB nach altem Recht, denn die Vorschriften über die Verjährung in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung des BGB sind gem. Art. 229 § 23 Abs. 1 S. 1 EGBGB nur auf an diesem Tag bestehende und nicht verjährte Ansprüche anzuwenden. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Leistungsempfängerin war nach altem Verjährungsrecht jedoch schon verjährt. Der Anspruch gegen den Erben gem. § 2325 BGB verjährt gem. § 2332 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich in drei Jahren. Diese Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalles und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt. Hinsichtlich der Kenntnis ist hier allerdings nicht auf die Leistungsempfängerin, sondern auf den Beklagten als deren gesetzlicher Vertreter abzustellen, § 166 Abs. 1 BGB. Die Verjährung begann mithin am 5.2.1990, da an diesem Tag der Beklagte zum Betreuer der Leistungsempfängerin bestellt worden ist, und war dementsprechend am 5.2.1993 vollendet.

Der Wertermittlungsanspruch gem. § 2314 BGB ist ebenfalls verjährt. Auf die Verjährung dieses Hilfsanspruchs finden gem. Art. 229 § 23 Abs. 1 S. 1 BGB die Vorschriften über die Verjährung in der seit dem 1.1.2010 geltenden Fassung Anwendung, denn der Anspruch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt. Für einen Anspruch aus § 2314 BGB galt nach altem Recht die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren gem. § 195 BGB a.F. (BGHZ 33, 373, 379; BGH, Urt. v. 04.10.1989 – IVa ZR 198/88 –, juris). Da die Verjährung gem. § 198 BGB a.F. mit Entstehung des Anspruchs begann, begann die Verjährungsfrist ab dem Erbfall am 0.11.1989 und war daher am 1.1.2010 noch nicht abgelaufen. Nach neuem Recht gilt für den Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB zwar auch die Regelverjährung des § 195 BGB, die aber nach § 195 BGB n.F. nur noch drei Jahre beträgt. Der Beginn richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB n.F., wobei gem. Art. 229 § 23 Abs. 2 BGB die Verjährungsfrist allerdings nicht vor dem 1.1.2010 zu laufen beginnt. Dementsprechend war die Verjährung des Wertermittlungsanspruchs am 1.1.2013 vollendet. Darauf, dass im Fall der Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs und der Erhebung der Verjährungseinrede im Allgemeinen kein Bedürfnis mehr für den Wertermittlungsanspruch besteht, so dass dieser als unbegründet abzuweisen ist (BGHZ 108, 393 – 400), kommt es deshalb nicht an.

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Lauf der Verjährung nicht aufgrund der Vorschrift des § 206 BGB in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung, die mit § 210 BGB n.F. wortgleich ist, gehemmt. Nach dieser Vorschrift trat die für oder gegen eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter laufende Verjährung nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig geworden oder der Mangel der Vertretung behoben worden war. Ein Vertretungshindernis im Sinne dieser Vorschrift lag lediglich in der hier rechtlich unbedeutenden kurzen Zeit vor zwischen dem Tod des Erblassers, der gesetzlicher Betreuer der Leistungsempfängerin war und der Bestellung des Beklagten zu deren Betreuer. In der Zeit ab dem 5.2.1990, nachdem der Beklagte gesetzlicher Vertreter der Leistungsempfängerin geworden war, lag indessen kein Vertretungshindernis mehr vor.

Der Beklagte war nicht gem. § 1795 BGB von der Vertretung der Leistungsempfängerin...

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