Es wurde oben erwähnt, dass es dem Zeitgeist entspricht, dass das Pflichtteilsrecht seine Unterstützung in der Gesellschaft verliert und dieser Wandel durch eine extensive Auslegung der Enterbungsgründe anerkannt wird. Denn dies stellt eine indirekte Möglichkeit dar, um das Pflichtteilsrecht zu begrenzen und die Testierfreiheit auszuweiten.

Wenn beide Begriffe unter einem gemeinsamen Nenner betrachtet werden, ergibt sich folgendes Bild: Diejenigen, die das Pflichtteilsrecht begünstigen, werden die Gründe für die Enterbung nach engeren Kriterien bewerten (objektive Theorie), während diejenigen, die das Pflichtteilsrecht kritischer sehen, sich dieser Sache aus den Augen des Erblassers annähern werden (subjektive Theorie).[85] Wie bereits oben erwähnt, erfordert diese Wertung unter anderem auch den Kreis der Familienangehörigen des Erblassers auszubreiten. Zum Beispiel sollten die langjährigen Lebenspartner, der Verlobte und alle, die dem Erblasser wie seine Blutsverwandten eng verbunden sind, in den Anwendungsbereich des Art. 510 (2) des türk. ZGB eingeschlossen werden. Nur so kann das Hauptziel dieser Regelung dem Zeitgeist entsprechend erreicht werden. Ebenso ist es notwendig, bei der Auslegung der Verfügung von Todes wegen und der Bestimmung des Grundes der Enterbung unter diesem Aspekt vorzugehen.

[85] Serozan/Engin, § 4 N 186a.

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