Die Anzeige des Erwerbs gem. § 30 ErbStG

In der erbschaftsteuerlichen Praxis stellt sich des Öfteren die Frage, ob der Beschenkte oder Erbe den erhaltenen Erwerb selbst beim zuständigen Finanzamt anzeigen soll oder muss.

Die gesetzliche Regelung in § 30 ErbStG[1] lässt dem Erwerber hier wenig Spielraum: Demnach ist jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb vom Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen.

Ungeachtet der Tatsache, ob diese Vorschrift von allen steuerlichen oder rechtlichen Beratern korrekt umgesetzt und mit der Mandantschaft besprochen wird, enthält der Gesetzesbefehl kein Ermessen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, das Finanzamt in die Lage zu versetzen, zu überprüfen, ob ein unter das Gesetz fallender steuerpflichtiger Vorgang vorliegt und deshalb dem Steuerpflichtigen eine Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung übermittelt wird.[2]

Anzeigeverpflichtet ist im erbschaftsteuerlichen Anwendungsbereich der Erwerber (§ 30 Abs. 1 ErbStG), bei Schenkungen unter Lebenden vergrößert sich der Kreis der Anzeigeverpflichteten um den Schenker (§ 30 Abs. 2 ErbStG). Auch Steuerausländer müssen der Anzeigepflicht nachkommen.

Wird die Anzeige unterlassen, gilt Folgendes[3]:

Die Literatur geht davon aus, dass hierdurch zwar noch keine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 377 AO gegeben sei. Allerdings könne es aufgrund der "Unterlassungssünde" des Anzeigeverpflichteten in der Folge zu einer verspäteten oder zu geringen Steuerfestsetzung kommen, sodass hierin eine Steuerhinterziehung – strafbar gem. § 370 AO – gesehen werden könne.

Abgesehen davon ist in der Praxis auch darauf abzustellen – mit entsprechender Belehrung des Mandats –, dass ohne die Anzeige auch eine Verlängerung des Besteuerungsverfahrens eintritt. Mit der Anzeige wird mithin das Finanzamt quasi "in Zugzwang" gesetzt. Die fehlende Anzeige ist als Anlaufhemmung für das Festsetzungsverfahren anzusehen: Ist, wie vorliegend anzunehmen, eine Anzeige abzugeben (§ 30 ErbStG) und eine Steuererklärung abzugeben (§ 31 ErbStG), so wird der Anlauf der Festsetzungsfrist entsprechend verzögert. Ihr Anlauf ist erst mit Ablauf des Kalenderjahres gegeben, in dem die Anzeige oder Erklärung beim zuständigen Finanzamt eingereicht sind (§ 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt allerdings spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Entstehungsjahr der Erbschaft- oder Schenkungsteuer folgt, auch wenn Anzeige und Erklärung nicht abgegeben werden (§ 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO). Eine Verlängerung ist gegeben, wenn z.B. eine unvollständige Anzeige erteilt wird (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO).[4] Letzteres spricht also in jedem Fall, in dem prognostisch mit der Entstehung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu rechnen ist, für eine korrekte Anzeige. Ist aus Sicht des Steuerberaters ohnehin nicht mit einer steuerlichen Belastung zu rechnen, macht aus meiner Sicht die Unterlassung einer Anzeige noch weniger Sinn.

Befreiungstatbestände

§ 30 Abs. 3 ErbStG enthält sodann einige sehr praxisrelevante Tatbestände, die von der Anzeigepflicht befreien. Wird die Verfügung von Todes wegen vor einem deutschen Notar eröffnet und ergibt sich aus dem Testament unzweifelhaft das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser, bedarf es keiner Anzeige (§ 30 Abs. 3 S. 1 ErbStG). Im Übrigen ist auch auf die Anzeigepflicht des Notars hinzuweisen.[5] Eine weitere Ausnahme von der Anzeigepflicht liegt vor, wenn gem. § 30 Abs. 3 S. 2 ErbStG eine Schenkung unter Lebenden gerichtlich oder notariell beurkundet ist.

Zum genauen Inhalt der Anzeige ist zu sagen, dass das Gesetz hierzu erfreulicherweise sehr genaue formelle Vorgaben macht, die § 30 Abs. 4 ErbStG enthält. Insbesondere sollen angegeben werden:

Vor- u. Familienname, Identifikationsnummer (§ 139b AO), Beruf, Wohnung des Erblassers oder Schenkers und des Erwerbers,
Todestag und Sterbeort des Erblassers oder Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung,
Gegenstand und Wert des Erwerbs,
Rechtsgrund des Erwerbs wie gesetzliche Erbfolge, Vermächtnis, Ausstattung,
persönliches Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder zum Schenker wie Verwandtschaft, Schwägerschaft, Dienstverhältnis,
frühere Zuwendungen des Erblassers oder Schenkers an den Erwerber nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung.

Für Stiftungen gelten noch darüber hinausgehende Vorschriften (§ 30 Abs. 5 ErbStG).

 

Praxishinweis:

In der Praxis bietet es sich an, den Mandanten schriftlich und nachweisbar über die Rechtsfolgen einer unterlassenen oder fehlerhaften Erwerbsanzeige aufmerksam zu machen. Hier sollten eine mögliche strafbare Handlung im Hinblick auf die Steuerhinterziehung gem. § 370 AO und die deutliche Verlängerung der Festsetzungsfristen erwähnt werden. So vermeidet der Berater selbst auch einen Regress seitens seines Mandanten. Beauftragt der säumige Mandant seinen Berater indes nach ordnungsgemäß...

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