Gründe

I. Der polnisch stämmige Beteiligte R., der nur gebrochen Deutsch spricht, war seit etwa 2000 der Lebensgefährte der seit 1993 verwitweten Erblasserin. Zeitweise lebte der Beteiligte R. ab dem Jahr 2004 gemeinsam mit der Erblasserin in deren Wohnanwesen in E., bis die Erblasserin Ende 2018 aus gesundheitlichen Gründen ins Pflegeheim nach S. umziehen musste. Die übrigen Beteiligten sind die potenziellen gesetzlichen Erben der am x.5.2021 kinderlos verstorbenen Erblasserin, namentlich Blutsverwandte der Erblasserin in Gestalt von Neffen (Beteiligte S., D., K., S.) und Nichten (Beteiligte S. und K.) bzw. Großnichte (Beteiligte S.). In einer Patientenverfügung vom 24.1.2013 setzte die Erblasserin ihre Nichte S. als Bevollmächtigte ein.

Die Erblasserin hatte drei Geschwister, die jeweils vorverstorben sind. Abkömmlinge

ihrer Schwester A. sind die Beteiligten K. und K.
ihrer Schwester G. sind die Beteiligten S. und D. (der weitere Abkömmling der G., E., ist kinderlos vorverstorben) und
ihrer Schwester K. sind die Beteiligten S., S. und S., wobei letztere der Abkömmling des vorverstorbenen Abkömmlings B. der K. ist.

Demnach entfiele im Wege der gesetzlichen Erbfolge auf jeden Stamm nach den drei Geschwistern der Erblasserin jeweils ein Anteil von 1/3.

Bereits Mitte 2017 wurde bei der Erblasserin ärztlicherseits eine Demenzerkrankung diagnostiziert, im November 2017 wurden bei ihr schwere kognitive Beeinträchtigungen festgestellt; seit Ende 2017 musste sie von der Caritas ambulant pflegerisch versorgt werden, Ende 2018 siedelte sie nach stationären Krankenhausaufenthalten ins Pflegeheim über. Hinsichtlich der medizinischen Befunde und der Pflegebedürftigkeit der Erblasserin wird auf Bl. x der Hauptakten, die Sonderhefte ("medizinische Unterlagen Sozialstiftung B."; "Pflegeunterlagen Ambulante Pflege Caritas"; "Pflegeunterlagen Altenheim S."; "Unterlagen vom ehemaligen Betreuung F. – medizinische Unterlagen und handschriftliches Vergleichsmaterial") und die beigezogene Betreuungsakte (AG Bamberg – Az. x) verwiesen. Ab Frühjahr 2018 stand die Erblasserin unter umfassender rechtlicher Betreuung, wobei der Vereinsbetreuer F. zum berufsmäßigen Betreuer bestellt wurde; auch insoweit wird auf die vorbezeichnete beigezogene Betreuungsakte Bezug genommen.

Unter dem 2.9.2017 verfasste die Erblasserin im Beisein des Beteiligten R. nachfolgendes – mit Datums- und Ortsangabe sowie Unterschrift versehenes – Testament (= Bl. x d. A.), in dem sie diesen zum Alleinerben berief:

Zitat

2.9.2017

R.

geb. x (Es folgt die Anschrift der Erblasserin)

mein Testament Ich erklele freiwillig das ist im Falle meinen Todes. Ich underschreibe Dir

S. R. geboren. x Wohnung in Bolen. x

Str. x Mein allen Erbe sein soll Das ist meine Wunsch.

2.9.2017 (Unterschrift der Erblasserin)“

Zeitnah nach Anordnung der Betreuung für die Erblasserin im Frühjahr 2018 übergab der Beteiligte R. dem Betreuer F. das vorbezeichnete Testament zur Aufbewahrung, welcher dieses sodann hinterlegte.

Unter dem 7.10.2021, eingegangen bei Gericht am 8.10.2021, beantragte der Beteiligte R. qua notariell beurkundetem Antrag die Erteilung eines Erbscheins dahingehend, dass die Erblasserin auf Grundlage des Testaments vom 2.9.2017 von ihm allein beerbt wird. Auf den Erbscheinsantrag wird Bezug genommen. Zur Begründung seines auf das Testament vom 2.9.2017 gestützten Erbrechts führt er an, dass die Erblasserin das Testat vom 2.9.2017 aus freien Stücken bei vollen Sinnen selbst errichtet habe. Er, der Beteiligte R., sei daneben gesessen, als die Erblasserin das komplette Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben habe. Lediglich die Adresse des Beteiligten R. in Polen habe er ihr auf Anfrage mitgeteilt. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten des Beteiligten R. vom 20.10.2021 und vom 7.2.2022 Bezug genommen.

Die übrigen Beteiligten, Verwandte und potenzielle gesetzliche Erben der Erblasserin, wenden sich gegen den Erbscheinsantrag des Beteiligten R. Der Wortlaut des präsentierten Testaments vom 2.9.2017, der gebrochenes Deutsch darstelle, entspreche nicht der Ausdrucks- und Schreibweise der Erblasserin. Es sei davon auszugehen, dass der Text des Testaments der Verstorbenen "vorgegeben" bzw. "diktiert" worden sei und nicht ihrem Willen entspreche. In Ansehung der Demenzerkrankung der Erblasserin bereits im Jahr 2017 sei diese bei Errichtung des Testaments im September 2017 zudem testierunfähig gewesen. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Verwandten wird auf die Schriftsätze auf Bl. x d. A. Bezug genommen.

Ein Neffe der Erblasserin, der Beteiligte D., beantragte – gestützt auf die gesetzliche Erbfolge – am 7.10.2021 zur Niederschrift des Nachlassgerichts einen Erbschein dahingehend, dass die Erblasserin aufgrund Gesetzes beerbt wurde von

1. S.
zu 1/9 – einem Neuntel – 2. S.
zu 1/9 – einem Neuntel – 3. S.
zu 1/9 – einem Neuntel – 4. S.
zu 1/6 – einem Sechstel – 5. D.
zu 1/6 – einem Sechstel – 6. K.
zu 1/6 – einem Sechstel – 7. K.
zu 1/6 – einem ...

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