I.

Eingetragene Eigentümer sind die Beteiligte zu 1) zu ½ sowie die Beteiligte zu 1) und M … in Erbengemeinschaft zu 1/2. Grundlage der letztgenannten Eintragung ist ein (auf einem privatschriftlichen Testament beruhender) Erbschein, ausweislich dessen der 2017 verstorbene J … von der Beteiligten zu 1) zu 2/3 und von M … zu 1/3 beerbt worden ist. Weiter heißt es, M … sei nur Vorerbe. Nacherbfolge insoweit sei angeordnet. Der Nacherbfall trete ein mit dem Tod des Vorerben. Nacherben seien seine künftigen Abkömmlinge. Es sei Testamentsvollstreckung angeordnet. Hierzu sind in Abt. II ein Nacherbenvermerk und ein Testamentsvollstreckervermerk gebucht.

In notarieller Verhandlung vom 12.2.2021 bewilligte die Beteiligte zu 1) – auch in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin – die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nebst Wirksamkeitsvermerk im Grundbuch. Zum Nachweis ihrer Verfügungsbefugnis nahm sie auf ein Testamentsvollstreckerzeugnis Bezug, nach dem sie Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des J … wie folgt ist: Der Erblasser habe angeordnet, dass sie den Nachlass hinsichtlich des Erbteils des M … auch nach der Erledigung der ihr sonst übertragenen Aufgaben verwalte. Die Testamentsvollstreckung ende erst mit dem Tod des M … .

Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag nach unerledigter Zwischenverfügung mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, da es für den Wirksamkeitsvermerk an einer Mitwirkung der Nacherben fehle, für die gem. § 1913 BGB ein Pfleger zu bestellen sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Voraussetzungen für die Eintragung der Vormerkung (§ 19 GBO, § 885 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) und des Wirksamkeitsvermerks liegen vor.

Wird eine Vormerkung bestellt, die bei Eintritt des Nacherbfalls wirksam bleibt, kann die Eintragung eines solchen Vermerks verlangt werden, mit dem klargestellt wird, dass der eingetragene Nacherbenvermerk gegenüber diesem Recht keine Unwirksamkeit i.S.v. § 2113 BGB anzeigt (vgl. BGH NJW 1999, 2275, 2276; BayObLG DNotZ 1998, 206, 207 f.; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 51 Rn 119). Das ist hier der Fall. Die durch die Beteiligte zu 1) bewilligte Vormerkung ist dem Nacherben gegenüber auch bei Eintritt des Nacherbfalls voll wirksam. Ihre Verfügungsbefugnis ergibt sich aus § 2205 S. 2 und 3 BGB, die nicht den Beschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB unterliegt.

Ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 BGB) erteilt, so kann die Verfügungsbefugnis oder die sonstige Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers allein durch das Zeugnis nachgewiesen werden. Zu einer eigenen, ergänzenden oder berichtigenden Auslegung der Verfügung von Todes wegen ist das Grundbuchamt nicht berechtigt (OLG München FGPrax 2015, 848, 849; OLG Düsseldorf MittBayNot 2012, 468; BayObLG FamRZ 1991, 984, 985; Meikel/Krause/Weber, a.a.O., § 35 Rn 179). Das gilt hier umso mehr, als das Testament, aus dem sich die Erbfolge und Anordnung der Testamentsvollstreckung ergibt, nicht der Form des § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, Abs. 2 Hs. 2 GBO genügt.

Aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis folgt zum einen, dass die Beteiligte zu 1) nicht (auch) gem. § 2222 BGB zu dem Zweck ernannt ist, bis zum Eintritt der Nacherbfolge die Rechte des Nacherben auszuüben und dessen Pflichten zu erfüllen (vgl. zur Zulässigkeit der Kumulation BGH NJW 1995, 456). In dem Zeugnis sind nicht nur die in § 354 Abs. 2 FamFG genannten Sonderfälle, sondern alle Abweichungen gegenüber der gesetzlichen Grundregel (§§ 2203-2206 BGB) anzugeben. Die Nacherbenvollstreckung nach § 2222 BGB ist eine solche Sonderaufgabe (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; Erman/Simon, BGB, 16. Aufl., § 2368 Rn 8), die hier nicht genannt ist.

Zum anderen ergibt sich aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis, dass die Beteiligte zu 1) gem. § 2205 S. 2 Alt. 2 BGB befugt ist, (mit voller Wirksamkeit) über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Dem Zeugnis ist eine Abweichung von der gesetzlich eingeräumten Verfügungsbefugnis nicht zu entnehmen. Zwar ist es gem. § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB zulässig, den Testamentsvollstrecker – als Gegenstück zu § 2222 BGB – als reinen Vorerbenvollstrecker einzusetzen, der nur die Rechte des (nicht befreiten) Vorerben ausüben und deshalb der Beschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB unterliegen soll (so wohl Staudinger/Avenarius, BGB, 2019, § 2113 Rn 7; a.A. BeckOGK/Grotheer, Sept. 2021, § 2197 Rn 99). Die Anordnung einer solchen Beschränkung auf die Verfügungsrechte des Vorerben nach §§ 2112 ff. BGB ist aber gem. § 354 Abs. 2 FamFG in dem Zeugnis anzugeben, woran es fehlt. Das Grundbuchamt hat nach § 2365 i.V.m. § 2368 S. 2 BGB davon auszugehen, dass im Testamentsvollstreckerzeugnis nicht verlautbarte Verfügungsbeschränkungen nicht bestehen (OLG München, a.a.O.; Meikel/Böhringer, a.a.O., § 52 Rn 20).

Aus dem Umstand, dass nach dem Inhalt des Zeugnisses die für den Erbteil des M … angeordnete Dauervollstreckung (§ 2209 BGB) – ggf. schon (§ 2210 S. 1 BGB) oder erst (§ 2210 S. 2 BGB) – mit seinem Tod enden soll, folgt keine Abweichu...

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