Unbeschränkte Steuerpflicht besteht, wenn der Erwerber oder der "Erblasser" im Besteuerungszeitpunkt in Deutschland seinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt hatte.[22] Der Erwerb unterliegt nach Maßgabe des ErbStG voll umfänglich der deutschen Erbschaftsteuer, auch wenn die Vermögensgegenstände im Ausland belegen sind. Zu den unbeschränkt Steuerpflichtigen gehören noch deutsche Staatsangehörige, die im Besteuerungszeitpunkt in Deutschland zwar keinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber einen solchen innerhalb von 5 Jahren nach ihrem Wegzug (bei Wegzug in die USA 10 Jahre) hatten (§ 2 Abs. 1 Buchst. b ErbStG; sog. verlängerte oder erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht).[23] Liegen diese Voraussetzungen vor, kommt es letztlich nicht darauf an, welches Erbrecht gilt; die Hauptsache ist, dass ein "Erwerb von Todes wegen" iSd § 3 ErbStG vorliegt, dazu unten Kap. D.

Hinweis: Von der Kriterien "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt" für die Bestimmung der (un-)beschränkten Steuerpflicht sind die Kriterien für das im Einzelfall geltende Erbrecht zu unterscheiden! Das anwendbare Erbrecht für Erbfälle richtet sich auch nach der EU-ErbVO ebenfalls nach der Ansässigkeit und nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers; die Ansässigkeit richtet sich wiederum grds. nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls. Die Begrifflichkeit "gewöhnlichen Aufenthaltsort" ist aber für Zwecke der Bestimmung des anzuwendenden Erbstatuts jedenfalls teilweise anders als für Steuerzwecke auszulegen.[24]

 
Praxis-Beispiel

Erblasser verstirbt in Spanien, Polen usw.: Unabhängig vom geltendem spanischen, polnischen usw. Erbrecht fällt deutsche ErbSt an, wenn Erbe/Bedachter Inländer ist, d. h. in Deutschland ansässig ist, ggf. wenn Erblasser noch als Inländer gilt (§ 2 Abs. 1 lit. b oder c ErbStG) und ein Erwerb von Todes wegen vorliegt.

[22] Dazu allgemein AEAO zu §§ 8 und 9; zum Wohnsitz aktuell BFH v. 24.7.2018, I R 58/16, juris; v. 7.4.2011, III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351; Nach FG München v. 23.10.1991, 4 K 10085/87, UVR 1993, 149 hat eine im Ausland lebende Steuerpflichtige einen Wohnsitz im Inland, wenn sie in gewisser Regelmäßigkeit (hier: zur Wahrnehmung von Arztterminen) eine in ihrem Eigentum stehende Wohnung im Inland aufsucht und sich dort aufgrund ärztlichen Attests jeweils längere Zeit aufhalten muss; zum gewöhnlichen Aufenthalt z. B. BFH v. 19.6.2015, III B 143/14, BFH/NV 2015, 1386.
[23] Zu Folgen des Wegzuges z. B. Haag, Steuerliche Aspekte der Vermögensnachfolge in Zuzugs- und Wegzugsfällen, ZErb 2018, 262; zu weiteren Sonderfällen siehe § 2 Abs. 1 Buchst. b bis d und Abs. 2 ErbStG.
[24] Wachter, Ehegattenerbrecht nach "Mahnkopf", ErbStB 2018, 206; KG Berlin v. 26.4.2016, 1 AR 8/16, ZEV 2016, 514; Losch, Die erbrechtliche Bedeutung der neuen Güterrechtsverordnung und der neuen Verordnung über eingetragene Partnerschaften, ZErb 2019, 91 ff.

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