Die Kritik des Senats ist in ihrer Deutlichkeit dennoch missverständlich. Es geht aus dem Leitsatz nicht hervor, was genau der Senat korrigieren möchte. Soll die Aufgabenübertragung auf Rechtspfleger rückgängig gemacht werden oder sollen Nachlasssachen nur von Amtsgerichtsdirektoren bearbeitet werden dürfen und wollen diese das überhaupt?

Ein Leitsatz bzw. eine gerichtliche Entscheidung sind keine geeigneten Stellen für eine justizpolitische Kritik.[9] Sicher wiegen die Fehler in diesem Sachverhalt schwer, dennoch werden täglich in vielen Berufen und bei Berücksichtigung aller Qualifikation Fehler gemacht. Die Richterin im Nachlassgericht ist durch die Aufmerksamkeit, die der Leitsatz erfahren hat, einer Belastung ausgesetzt, die eine im Ergebnis folgenlose Fehlentscheidung nicht rechtfertigt.

Für die Zukunft ist denkbar, Richtern auf Probe die Tätigkeit im Nachlassgericht zeitweilig zu untersagen, wie dies gem. § 23c Abs. 2 S. 2 GVG im ersten Jahr nach der Ernennung im Betreuungsgericht gilt.

Lösungsorientierter wäre zu überlegen, ob Erbrecht einen stärkeren Eingang in das Curriculum des juristischen Studiums finden sollte. Auch eine Fortbildungspflicht für Richter wäre überlegenswert. Diese Fortbildungen könnte z.B. der in Nachlasssachen versierte Rechtspfleger geben. Eine Verzahnung im Rahmen der Fortbildung mit dem Notar ist ebenfalls denkbar. Gerade in Nachlasssachen besteht eine große Schnittmenge. Der Notar verfasst Testamente, beantragt Erbscheine und beglaubigt Ausschlagungen bzw. verfasst ggf. einen Erbvergleich.

[9] Weiteres Beispiel für eine justizpolitische Kritik: VG Münster, Beschl. v. 28.9.2023 – 5 L 583/23, BeckRS 2023, 28081.

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