1. Es ist immer eine durch Auslegung der letztwilligen Verfügung im konkreten Einzelfall zu beantwortende Frage, ob eine Schlusserbeneinsetzung bei kinderlos verstorbenen Eheleuten wechselbezüglich ist oder nicht.

2. Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung der Wechselbezüglichkeit, muss nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 2084 BGB) und für jede Verfügung gesondert ermittelt werden, ob sie wechselbezüglich ist oder nicht. Führt die Ermittlung des Erblasserwillens weder zur gegenseitigen Abhängigkeit noch zur gegenseitigen Unabhängigkeit der beidseitigen Verfügung, ist gem. § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.

3. Dass die Verwandten eines Ehegatten testamentarisch mit einer signifikant höheren Erbquote als die Verwandte des anderen Ehegatten bedacht worden sind, ist für die Frage einer Wechselbezüglichkeit der letztwilligen Verfügung zur Schlusserbfolge ohne Bedeutung.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.4.2022 – 3 Wx 82/21

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