In § 13 Abs.1 Ziffer 2 Buchstabe a) ErbStG werden drei Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung von 60 % des festgestellten sog. gemeinen Wertes normiert:

Soweit die Erhaltung von Kunstgegenständen, Kunstsammlungen, wissenschaftlichen Sammlungen, Bibliotheken und Archiven wegen ihrer Bedeutung für die Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt (1) und ihr jährlicher Kostenaufwand regelmäßig eventuell erzielte Einnahmen übersteigt (2) und die Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang zu Forschungszwecken oder zu Zwecken der Volksbildung nutzbar gemacht werden (3), kommen für die steuerliche Bewertung nur 40 % ihres Wertes zum Tragen; 60 % des Wertes bleiben erbschaftsteuerfrei. Wenn hierbei beachtet wird, dass aufgrund der eingangs gemachten Feststellungen der überhaupt steuerrechtlich relevante gemeine Wert nach § 13 ErbStG iVm § 9 BewG bereits aufgrund einer vorsichtigen Bewertung, Transaktionskosten und einem möglichen Paketabschlag erheblich reduziert ist und nun nochmals 60 % dieses bereits reduzierten Wertes steuerfrei bleiben, zeigt dies den erheblichen Gestaltungsspielraum auf.

(1) Der Nachweis der Erhaltenswürdigkeit

Der Nachweis der Erhaltenswürdigkeit kann durch ein Gutachten der nach Landesrecht zuständigen Behörde erbracht werden. Bei bedeutsamen Sammlungen spricht dieser Umstand bereits allein für sich. Da in einigen Bundesländern eine besondere Unterschutzstellung nach den maßgeblichen Landesdenkmalschutzgesetzen nicht möglich ist oder aber Kunst des 20. Jahrhunderts nicht als "Denkmal" eingestuft wird,[23] sollte hier auch ein kunsthistorisches Gutachten ausreichend sein.[24] Ferner wird der Nachweis für die Erhaltenswürdigkeit geführt, in dem ein Leih- und Kooperationsvertrag mit einem Museum geschlossen wird.[25]

[23] Vgl. Heuer/v.Cube, ZEV 2008, 565, 568.
[24] Vgl. von Oertzen, ZEV 2016, 562 mit Verweis auf Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose, ErbStG, Rn 18 zu § 13 ErbStG.

(2) Kostenüberschuss

Soweit die Kunstgegenstände nicht dem Gelderwerb dienen, ist der Kostenaufwand leicht zu belegen. In der Praxis spielt diese Voraussetzung in der Regel keine Rolle, da keine laufenden Einnahmen erzielt werden und die laufenden Kosten wie Versicherung, Lagerung etc. überwiegen. Der BFH hat in der bereits zitierten Entscheidung vom 12.5.2016 auch klargestellt, dass der Veräußerungsgewinn für ein Kunstwerk nicht eine Kunstsammlung hinsichtlich der Haltedauer wie auch des Kostenüberschusses infiziert.[26] Es empfiehlt sich dennoch, für den entsprechenden Nachweis gegenüber der Finanzverwaltung, die Kosten fortlaufend zu dokumentieren.

[26] BFH, Urt. v. 12.5.2016, dort Rn 42 ff; von Oertzen, Aktuelle Gestaltungsfragen bei der Erbschaftssteuerplanung für Kunstsammler, ZEV 2016, 561, 562.

(3) Nutzbarmachung für Forschung etc.

Die Verfügbarmachung zu Forschungszwecken bzw. Zwecken der Volksbildung kann durch Ausstellung in einem Museum erfolgen. Möglich ist aber auch die Ausstellung in öffentlichen oder privaten Räumen. Grundsätzlich reicht hier die regelmäßige, zeitlich befristete Leihgabe an ein Museum aus, beispielsweise über themenspezifische Ausstellungen; auch Leihgaben an andere Wechselausstellungen im In- und Ausland durch das vertraglich eingebundene Museum dokumentieren diese Nutzbarmachung im Sinne von § 13 Abs. 1 Ziffer 2 Buchstabe a) ErbStG. Sofern sich die Kunstgegenstände in Privaträumen befinden, dürfte es genügen, diese für interessierte Besucher zu bestimmten Zeiten zugänglich zu machen. Der BFH hat das Erfordernis eines durchgehend unmittelbaren Besitzes des Museums verneint.[27]

Ein Leih- und Kooperationsvertrag, der die erforderliche Zugänglichmachung für Forschung oder Volksbildung sichert, kann auch noch kurz nach der Schenkung oder dem Erbfall mit einer Frist bis zu sechs Monaten geschlossen werden.[28] Maßgeblich ist auch hier der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht etwa der Zeitpunkt der ersten Ausstellung. Ferner ist für den Beginn ("Stichtag" nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BewG) die Ausführung der Zuwendung maßgeblich und nicht der Zeitpunkt des Schenkungsvertrages.[29] Es ist dabei ausreichend, dass ein Museum Kunstgegenstände jederzeit anfordern kann und dies auch tatsächlich umsetzt. Dabei können die Kunstgegenstände zwischen den Ausstellungen beim Erben verbleiben, so dass das Museum die laufenden Kosten der Aufbewahrung und konservatorischen Pflege vermeiden kann.[30] Maßgeblich ist laut BFH die "vertraglich vereinbarte jederzeitige Zugriffsmöglichkeit".[31] Die Alternative eines Kooperationsvertrages ermöglicht den Verbleib des Kunstwerks beim Sammler, sofern und solange keine aktuelle Ausstellung ansteht.

[27] BFH, Urt. v. 12.5.2016 . Rn 30 "jederzeitige Zugriffsmöglichkeit".
[28] BFH, Urt. v 12.5.2016 Rdn 33, von Oertzen, ZEV 2016, 562, 563.
[29] BFH, Urt. v. 12.5.2016 Rn 33.
[30] Vgl. Boll, Die Kunst als Instrument schenkungsteuerrechtlicher Gestaltung, DStR 2016, 1137, 1139.
[31] BFH aaO.

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