I.

Die Parteien streiten um einen Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB.

Der am XX.XX.2021 verstorbene vormalige Kläger ist der Bruder des Beklagten; beide sind aus der Ehe ihres am XX.XX.1986 verstorbenen Vaters und ihrer am XX.XX.2019 verstorbenen Mutter hervorgegangen. Der vormalige Kläger ist von seiner Ehefrau, A, als Alleinerbin beerbt worden.

Die Eltern des vormaligen Klägers und des Beklagten hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament vom 8.4.1983 gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Eine Schlusserbeneinsetzung enthielt das Testament nicht (Anlage K 1, Anlagenband).

Nach dem Tod des Vaters errichtete die Mutter am 30.10.2018 ein notarielles Testament, in welchem sie den Beklagten als Alleinerben einsetzte (Anlage K 2, Anlagenband).

Nach dem Tod der Mutter forderte der vormalige Kläger den Beklagten auf, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen, welches der Beklagte dem vormaligen Kläger schließlich datiert auf den 11.11.2020 übermittelte (Anlage K 5, Anlagenband). In diesem Verzeichnis wurde das zum Nachlass gehörende und im Klageantrag näher bezeichnete Grundstück mit Wohnhaus mit einem Verkehrswert von 271.700,00 EUR aufgeführt und dazu auf ein ortsgerichtliches Gutachten vom 12.10.2020 Bezug genommen. Dem Nachlassverzeichnis beigefügt war ein Schätzgutachten vom 29.8.2020, aus dem für diesen Bewertungszeitpunkt ein Gesamtwert von 308.600,00 EUR hervorgeht, und ein Schreiben des Ortsgerichts Stadt1 vom 12.10.2020, wonach auf den Bewertungsstichtag XX.XX.2019 bezogen der Grundstückswert 184.500,00 EUR betrage, woraus sich bei unverändertem Gebäudewert von 87.200,00 EUR ein Gesamtwert von 271.700,00 EUR errechne.

Der vormalige Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, das ortsgerichtliche Gutachten erfülle nicht die Voraussetzungen des § 2314 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB. Hierfür sei ein Gutachten eines unparteiischen und unabhängigen Sachverständigen erforderlich.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei seiner Verpflichtung durch die Vorlage der ortsgerichtlichen Schätzung nachgekommen.

Wegen der weiteren Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 61 ff d. A.).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der vormalige Kläger keinen Anspruch darauf habe, ein Verkehrswertgutachten durch einen unparteiischen und unabhängigen Sachverständigen einholen zu lassen. Der Anspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB sei seitens des Beklagten durch Einholung der Schätzung des Ortsgerichts erfüllt worden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie das erstinstanzliche Klageziel weiterverfolgt. Sie beanstandet, dass die Schätzung des Ortsgerichts Stadt1 weder von dem Todestag der Mutter (XX.XX.2019) als Bewertungsstichtag ausgehe noch sich mit den in Betracht kommenden Bewertungsmethoden beschäftige. Auch seien die vom Ortsgericht geschätzten Werte nicht nachvollziehbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin wird insbesondere auf die Berufungsbegründung vom 25.8.2021 (Bl. 83 ff d. A.), den Schriftsatz vom 22.11.2021 (Bl. 110 ff d. A.) sowie auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2021 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ein für die Immobilie Straße1, Stadt1, eingetragen in das Grundbuch in Stadt1, Blatt … , Flur … , Flurstück … , Größe 6a 15m², bezogenes Verkehrswertgutachten eines unparteiischen und unabhängigen Sachverständigen einzuholen und der Klägerin vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Einwände der Klägerin seien nicht geeignet, die Erfüllung des Wertermittlungsanspruchs in Frage zu stellen. Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Beklagten wird insbesondere auf die Berufungserwiderung vom 30.6.2021 (Bl. 94 ff d. A.) sowie auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2021 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass der Beklagte den Wertermittlungsanspruch aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB durch die Vorlage der ortsgerichtlichen Schätzung des Verkehrswerts erfüllt hat.

§ 2314 BGB sieht die Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände vor. Der Anspruch ist darauf gerichtet, dass der Verpflichtete dem Berechtigten diejenigen Informationen zukommen lassen muss, die diesen in die Lage versetzen, ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen seinen Pflichtteilsanspruch berechnen zu können (MüKo-BGB/Lange, 8. Aufl. 2020, BGB § 2314 Rn 19).

Dieser Verpflichtung ist der Beklagte hinreichend nachgekommen. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns, die gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ohne Unterbrechung des Verfahrens in den Prozess...

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