Bei Ausschlagung einer Erbschaft gegen Entgelt wird einkommensteuerlich eine Veräußerung unterstellt, ggf. mit Gewinnrealisierung etwa nach § 23 EStG, denn nach dem BMF[41] steht die Ausschlagung der Erbschaft gegen eine Abfindung der entgeltlichen Veräußerung des Erbteils gleich.

Die Ausschlagung eines Vermächtnisses ist nicht im BMF-Schreiben geregelt. Hier wird im Ergebnis keine Entgeltlichkeit unterstellt werden können, denn der Vermächtnisnehmer erwirbt den Vermächtnisgegenstand aufgrund des im deutschen Recht lediglich schuldrechtlich wirkenden Vermächtnisses (§ 2174 BGB) erst mit Aushändigung durch den Erben.

Das ertragsteuerliche Problem der Fiktion einer Veräußerung des Erbanteils bei Ausschlagung einer Erbschaft gegen Abfindung stellt sich bei Ausschlagung eines Vermächtnisses äußerstenfalls dann, wenn der Vermächtnisnehmer zuvor wirtschaftlicher Eigentümer bereits mit dem Erbfall geworden wäre. Die Ausschlagung eines Vermächtnisses verhindert aber auch dann den erstmaligen originären zivilrechtlichen Erwerb von Erbschaftsgegenständen durch den Vermächtnisnehmer (anders beim Erben, der seine Erbenstellung nicht rückwirkend im Ertragsteuerrecht beseitigen kann). Unabhängig von einer etwaigen vorherigen Zurechnung von Einkünften an den Vermächtnisnehmer kann deshalb – anders als bei der Ausschlagung der Erbschaft – ein noch nicht zivilrechtlich erworbenes Vermächtnis nicht zuvor veräußert werden. Deshalb wird im Ergebnis wohl kein Veräußerungsgewinn realisiert.

[41] BMF v. 14.3.2006, BStBl I 2006, 253 Tz 37; Schmidt/Wacker, EStG, 40. Aufl. 2021, § 16 Rn 59.1.

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