Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

1. Der vom FG festgestellte Sachverhalt lässt eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die Klägerin durch das zu ihren Gunsten bestellte Stammrecht auf Kosten des M bereichert wurde, insbesondere, ob die Klägerin über die Rentenleistungen tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann, nicht zu. Das FG hat insoweit zu Unrecht auf die Rechtsbeziehungen beider Ehegatten mit dem kontoführenden Kreditinstitut abgestellt.

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Zuwendung ist freigebig, wenn sie (objektiv) unentgeltlich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2. März 1994 II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366).

aa) Gegenstand einer derartigen Zuwendung kann auch ein Rentenstammrecht sein. Dies braucht nicht vom Rentenverpflichteten selbst zugewendet zu werden, sondern kann durch Vertrag zugunsten des Rentenberechtigten als Dritten (§ 328 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –) diesem von einer anderen Person (Versprechensempfänger) zugewendet worden sein. Ist dabei die Zuwendung so ausgestaltet, dass das Rentenstammrecht dem Zuwendenden und dem Dritten als Gesamtgläubigern zusteht, beschränkt sich der Gegenstand der Zuwendung auf die Verschaffung der Gesamtgläubigerstellung bezüglich des Rentenstammrechts. Eine Bereicherung iSd § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist mit der Verschaffung einer derartigen Gesamtgläubigerstellung iSd § 428 BGB allerdings nur insoweit verbunden, als der Bedachte über den Gegenstand der Zuwendung tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (BFH-Urteile vom 28. November 1984 II R 133/83, BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159; vom 26. September 1990 II R 50/88, BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32, sowie vom 25. Januar 2001 II R 39/98, BFH/NV 2001, 908). Die Befugnis zur freien Verfügung braucht dabei nicht das Rentenstammrecht als solches zu betreffen, zumal das Stammrecht im Zweifel gemäß § 399 BGB ohnehin nicht übertragbar ist (Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, § 759 Rn 7). Vielmehr reicht es aus, wenn sich die Befugnis auf die Erträge in Gestalt der wiederkehrenden Rentenleistungen bezieht. In derartigen Fällen fehlt es aber insoweit an einer Bereicherung, als der bedachte Gesamtgläubiger gemäß § 430 BGB zum Ausgleich des Empfangenen verpflichtet ist oder aufgrund abweichender Vereinbarungen das Empfangene vollständig an den anderen Gesamtgläubiger herauszugeben hat.

bb) Handelt es sich bei dem Zuwendenden und demjenigen, dem die Gesamtgläubigerstellung bezüglich des Rentenstammrechts verschafft worden ist, um Eheleute mit einem Oder-Konto, auf das die einzelnen Rentenleistungen überwiesen werden, sind die Eheleute Gesamtgläubiger in zwei verschiedenen Rechtsverhältnissen. Das eine betrifft das Verhältnis zum Rentenverpflichteten, das andere das Verhältnis zum kontoführenden Kreditinstitut (Canaris in GroßKomm. HGB, Bankvertragsrecht I, Rn 225).

(1) Für die Oder-Konten von Ehegatten während intakter Ehe hat der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil vom 29. November 1989 IVb ZR 4/89 (Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1990, 705, unter 1.) zwar die gesetzliche Regel des § 430 BGB, wonach Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind, bestätigt, aber diese gesetzliche Regel rechtstatsächlich zur Ausnahme erklärt. Während intakter Ehe der Kontoinhaber scheidet danach in der Regel eine Ausgleichspflicht aus, weil aus ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarungen, aus Zweck und Handhabung des Kontos oder aus Vorschriften über die eheliche Lebensgemeinschaft hervorgeht, dass "ein anderes bestimmt ist".

(2) Soweit dabei auf das Innenverhältnis zwischen den kontoinnehabenden Eheleuten abzustellen ist, sind die hierzu getroffenen Feststellungen insoweit auch von Bedeutung für die Gesamtgläubigerschaft bezüglich des Rentenstammrechts, als die einzelnen Rentenleistungen auf das Oder-Konto der Eheleute überwiesen werden und keine ausschließlich auf die Rentenleistungen bezogenen Sonderregelungen zwischen den Eheleuten getroffen worden sind. Den beiden Außenverhältnissen zu verschiedenen Schuldnern steht dann insoweit dasselbe Innenverhältnis gegenüber.

(3) Fließen die Rentenzahlungen nicht auf ein Oder-Konto der Eheleute, sondern auf das Konto nur eines Ehegatten, für das dem anderen eine Bankvollmacht erteilt worden ist, ist die Stellung dieses anderen Ehegatten gegenüber dem Kreditinstitut zwar weitgehend dieselbe wie bei einem Oder-Konto (so Canaris, aaO, Rn 224); gleichwohl ist der andere Ehegatte im Verhältnis zu dem Kreditinstitut nicht Gesamtgläubiger. Daher liegt in der Überweisung der Rentenleistungen auf das Konto des einen Ehegatten die Leistung an einen der Gesamtgläubig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge