1. Einen Vertrag i.S.v. § 2346 BGB kann der Erblasser – jedenfalls in Bezug auf das erbrechtliche Verfügungsgeschäft – gem. § 2347 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nur höchstpersönlich schließen. Eine rechtsgeschäftliche ("gewillkürte") Stellvertretung ist somit auf Erblasserseite nicht möglich. Ein Verstoß gegen die vorgeschriebene Form lässt zwar (unter bestimmten Voraussetzungen) das dem Verfügungsgeschäft zugrunde liegende Kausalgeschäft unberührt, führt jedoch in jedem Fall zur Nichtigkeit des erbrechtlichen Verfügungsgeschäfts nach § 125 S. 1 BGB.

2. "Sofort" bedeutet im Unterschied zum weniger strengen "unverzüglich" i.S.v. § 121 BGB, dass jedes Hinauszögern, auch ein schuldloses, zum Erlöschen des Antrags führt. Auf der anderen Seite muss dem Antragsempfänger zwar die Möglichkeit gegeben sein, den Inhalt des Antrags und die Folgen der Annahme zu erfassen. Daher muss die Antwort nicht ohne jedes Zögern erfolgen. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere die Komplexität des Antrags.

3. Bei einem abstrakten Erbverzicht handelt es sich um ein erbrechtliches Verfügungsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall, das als solches selbstständig ist und nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zu einem anderen Geschäft, beispielsweise einer Abfindungsvereinbarung, steht. Ebenso wie der abstrakte Erbverzicht selbst bedarf auch dieser Verpflichtungsvertrag der notariellen Beurkundung gem. § 2348 BGB. Anders als bei dem abstrakten Erbverzicht kann sich der Erblasser jedoch beim Vertragsschluss des Kausalgeschäfts vertreten lassen. Vor diesem Hintergrund ist ein unter Verstoß gegen § 2347 Abs. 2 BGB a.F. geschlossener, im Übrigen jedoch formal ordnungsgemäß zustande gekommener Erbverzichtsvertrag unter Umständen als wirksames Verpflichtungsgeschäft anzusehen.

OLG Hamm, Urt. v. 12.7.2023 – 11 U 148/22

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