1. Einführung

Entscheidet sich ein deutscher Steuerpflichtiger für einen Zuzug nach Österreich, betritt er zumindest aus einkommensteuerrechtlicher Sicht kein völliges Neuland. Denn die einkommensteuerrechtlichen Rahmenbedingungen Österreichs sind mit denen Deutschlands grundsätzlich vergleichbar. So bestehen beispielsweise dieselben sieben Einkunftsarten wie in Deutschland. Im Folgenden sollen die grundsätzlichen Rahmenbedingungen und für Zuzügler relevante Besonderheiten dargestellt werden.

a. Unbeschränkte Steuerpflicht

Wie im deutschen Einkommensteuerrecht sind nach § 1 Abs. 2 ÖstEStG natürliche Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei werden Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in § 26 Abs. 1, 2 BAO nahezu identisch zu § 8, 9 AO definiert. Bei unbeschränkter Steuerpflicht herrscht ebenfalls das Welteinkommensprinzip, d.h. unabhängig vom Ort, an dem die Einkünfte generiert werden, fallen sie unter die österreichische Einkommensteuer. Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt bei Zuzüglern mit der Begründung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich.[1]

[1] Doralt, Steuerrecht 2022, S. 6 f; Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 1 Rn 7; EAS 2897.

b. Beschränkte Steuerpflicht

Liegt kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im österreichischen Inland vor, besteht parallel zur deutschen Bestimmung in § 1 Abs. 4 EStG für gewisse Einkünfte die beschränkte Steuerpflicht. Die beschränkte Steuerpflicht setzt ein, wenn eine natürliche Person inländische Einkünfte i.S.v. § 98 ÖstEStG[2] bezieht. Hierunter fallen beispielsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen aus österreichischen Kapitalgesellschaften und stillen Beteiligungen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem in Österreich gelegenen Vermögen.

[2] Entspricht in etwa § 49 EStG.

c. Zweitwohnsitz

Für Zuzügler "auf Probe", bspw im Rahmen eines Feriendomizils, besteht die (auch dauerhafte) Möglichkeit, für einkommensteuerliche Zwecke einen sog. Zweitwohnsitz in Österreich zu begründen. Die Voraussetzungen dafür sind in der sog. Zweitwohnsitzverordnung geregelt.[3] Dazu gehört insbesondere, dass der Steuerpflichtige seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen bei Begründung des Zweitwohnsitzes länger als fünf Jahre im Ausland hat und seine inländische(n) Wohnung(en) nicht mehr als 70 Tage im Jahr benutzt. Darüber muss auch ein spezielles Verzeichnis geführt werden. Liegen alle Voraussetzungen vor, begründet der Steuerpflichtige für einkommensteuerliche Zwecke keinen Wohnsitz in Österreich.

[3] Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze, BGBl II Nr. 528/2003.

d. Steuersätze

Die österreichische Einkommensteuer sieht einen progressiv gestaffelten Steuersatz von bis zu 55 % vor. Insbesondere bei sehr hohen Einkommen kann sich also ein höherer Durchschnittsteuersatz ergeben. Je nach Tätigkeit bestehen jedoch Begünstigungen. Für einige Einkünfte bestehen allerdings besondere Steuersätze. Dies betrifft insbesondere Einkünfte aus Kapitalvermögen (27,5 %) oder Einkünfte aus dem Verkauf von Immobilien (30 %). Vergleichbare Zuschläge wie den Solidaritätszuschlag oder die Kirchensteuer gibt es in Österreich nicht.

2. Endbesteuerung

Die sog. Endbesteuerung kann neben der Nichtexistenz eines Solidaritätszuschlags ein ertragsteuerliches Motiv für einen Umzug nach Österreich darstellen. Unter der Endbesteuerung ist zu verstehen, dass mit Abzug der vom Schuldner der Kapitalerträge einzubehaltenden Kapitalertragsteuer und Abführung an das Betriebsfinanzamt nach §§ 93 ff. ÖstEStG die Einkommensteuer abgegolten ist.[4]

Da der Sondersteuersatz auf Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 27a ÖstEStG nur 27,5 % beträgt, könnte es sich für den Zuzügler lohnen, sein Vermögen in dem Sondersteuersatz unterliegendes Vermögen umzuschichten. Privilegiert in diesem Sinne sind u.a. Gewinnanteile aus österreichischen Aktien und GmbH-Anteilen und Zinserträge aus österreichischen Bankeinlagen und Forderungswertpapieren. Nicht der Endbesteuerung zugänglich sind dagegen etwa Zinsen aus Darlehen und Versicherungsleistungen aus Erlebensversicherungen.[5]

Seit März 2022 unterliegen laufende Einkünfte bzw. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen ebenfalls der Kapitalertragsteuer. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen liegen bspw. bei der Veräußerung von Kryptowährung gegen EUR vor, nicht jedoch bei dem Tausch gegen eine andere Kryptowährung. Ab Jänner 2024 gilt hier ebenfalls die Abzugspflicht für inländische Schuldner oder Dienstleister. Bis dahin kann der Abzug freiwillig erfolgen, wodurch die Einkünfte als endbesteuert gelten.

[4] Siehe hierzu Doralt, Steuerrecht 2022, S. 13; Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 97 Rn 1 ff.
[5] Doralt, Steuerrecht 2022, S. 13; Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 27a Rn 11 u 17.

3. Investitionsbegünstigungen

Eine Besonderheit des österreichischen Steuerrechts stellen die Investitionsbegünstigungen dar, die im Rahmen der sog. betrieblichen Einkünfte (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbstständiger Arbeit und aus Gewerb...

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