Doering-Striening

2. Auflage 2022

904 Seiten, 89 EUR

zerb verlag, ISBN 978-3-95661-079-0

Sieben Jahre nach der Erstauflage von "Sozialhilferegress bei Erbfall und Schenkung" hat Dr. Gudrun Doering-Striening (Rechtsanwältin, Fachanwältin für Sozialrecht, Fachanwältin für Familienrecht, Essen) im Frühjahr 2022 die zweite, komplett überarbeitete Auflage ihres viel beachteten und zurecht gelobten[1] Werks folgen lassen. Das Buch verdient umso mehr Beachtung, als sich im Lauf der letzten Jahre nichts Grundlegendes daran geändert hat, dass das Sozialrecht in der erbrechtlichen Literatur’eine nur stiefmütterliche Stellung einnimmt. Angesichts der tatsächlichen Bedeutung der Sozialleistungen in ihren verschiedenen Formen (Eingliederungshilfe nach §§ 90 ff. SGB IX; Grundsicherung für Arbeitssuchende nach §§ 19 ff. SGB II; Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII etc.) im Kontext mit ihren schenkungsrechtlichen Ausprägungen (Stichwort: Überleitung von Schenkungsrückforderungsansprüchen) und schließlich ihrer erbrechtlichen Relevanz (Stichwort: Behinderten- und Bedürftigentestamente) müsste es an sich ganze Bibliotheken zu dieser Schnittstelle geben. Dass das nicht der Fall ist, macht die Neuauflage von "Sozialhilferegress bei Erbfall und Schenkung" zu einem für mit’sozialrechtlichen Fragen konfrontierten Erbrechtler uneingeschränkt zu empfehlenden Leuchtturmwerk. Das gilt umso mehr, als Doering-Striening den Stand der Rechtsprechung bis Juli 2021 und die gesetzlichen Neuregelungen bis 2024 berücksichtigt hat. Wichtig ist das insb. für Behindertentestamente, nachdem das Bundesteilhabegesetz[2] seit dem 1.1.2020 zu einer nachhaltigen Änderung im Gefüge des bisher geltenden Rechts geführt hat.[3]

"Sozialhilferegress bei Erbfall und Schenkung" umfasst nunmehr 869 Textseiten. Der Umfang hat sich damit annähernd verdoppelt (ehemals 440 Textseiten). Hinzu kommt eine einleitende Inhaltsübersicht, ein Verzeichnis über die insgesamt 113 (!) für das Verständnis ausgesprochen sinnvollen Fallbeispiele und ein 15-seitiges Stichwortverzeichnis.

Doering-Striening hat ihr Werk in zwölf Paragrafen gegliedert (ehemals sechs Paragrafen). Sämtliche Paragrafen beginnen mit einem detaillierten Inhaltsverzeichnis. Zusammen mit der Inhaltsübersicht (als erstem Einstieg) und dem Stichwortverzeichnis lassen sich so sehr gut die für den Leser jeweils maßgeblichen Passagen (einschl. Praxisbeispiele) finden, wobei eine noch detailliertere Verzahnung mit dem Stichwortverzeichnis möglich und teilweise wünschenswert wäre. Beispielsweise findet man das Stichwort "Vorerbschaft" nur als Unterstichwort zu "Behindertentestament", nicht aber als eigenständiges Stichwort.

Ausgangspunkt von "Sozialhilferegress bei Erbfall und Schenkung" ist der zutreffende Befund, dass "das Recht der sozialen Sicherheit (…) allgemein als terra incognita und ungeliebtes Kind unter Juristen (gilt)", bei dem es "als schwierig (gilt), sich auch nur einen Einstieg zu verschaffen oder gar einen Überblick."[4] Dementsprechend richtet sich das Werk insbesondere an Nicht-Sozialrechtler. Es schafft einen sehr guten und übersichtlichen Einstieg und beleuchtet umfassend aus den verschiedenen Blickrichtungen die wichtige Schnittstelle zwischen Sozial-, Schenkungs- und Erbrecht. Hierzu gibt Doering-Striening dem Leser zunächst in § 1 eine "Landkarte der sozialen Sicherheit" an die Hand (S. 1–73), um die jeweils einschlägigen Nachrang- und Regressregeln zu finden. Sehr gelungen! Speziell die Erweiterung von "Sozialhilferegress bei Erbfall und Schenkung" um diese Landkarte lohnt die Anschaffung, da Doering-Striening verständlich und strukturiert das systematische Zusammenspiel der einzelnen Bereiche erläutert, sämtliche für das weitere Werk wichtigen Fragestellungen und Probleme anspricht und so die folgenden Teile gut vorbereitet.

In § 2 geht Doering-Striening dann dem Problem nach, dass es nicht "den Nachranggrundsatz" gibt, sondern dass der Nachranggrundsatz je nach Kontext unterschiedlich ausgeprägt ist (z.B. Grundsicherung nach SGB XII und Eingliederungshilfe nach SGB IX). Diesem Umstand werden die §§ 3–10 gerecht. Dort, wo einzelne Leistungen eine besondere praktische Bedeutung haben, folgen in den §§ 3–10 unter der Überschrift "Leistungsrecht und Regress des Sozialhilfeträgers bei Erbschaft und Schenkung im Recht des …" jeweils detaillierte Einzeldarstellungen, nämlich:

§ 3: Sozialhilfe nach SGB II
§ 4: Existenzsicherungsrecht der "gehobenen Sozialhilfe" (Kriegsopferfürsorge, BVG)
§ 5: Sozialhilfebedürftige Leistungsbezieher im Sinn des SGB II
§ 6: Sozialhilfebedürftige Leistungsbezieher in der Eingliederungshilfe des SGB IX (Bundesteilhabegesetz)
§ 7: Leistungsbezieher im Sinn des SGB VIII
§ 8: Leistungsbezieher im BAföG
§ 9: Leistungsbezieher im Wohngeldrecht
§ 10: Betreuungsrecht

Nach der Darstellung der unterschiedlichen sozialhilferechtlichen Leistungsverhältnisse, ihrem Entstehen, ihren Störfallen und den jeweiligen Störfallregelungen wende...

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