Das österreichische Erbrecht wurde im Rahmen einer umfassenden Erbrechtsmodernisierung[18] zum 1.1.2017 erheblich geändert.[19]

Bedeutsame Unterschiede zum deutschen Erbrecht gibt es insbesondere im Hinblick auf das Pflichtteilsrecht und bei Erbverträgen.

In Österreich gibt es kein Pflichtteilsrecht der Eltern. Im Hinblick auf das Pflichtteilsergänzungsrecht ist zu beachten, dass das österreichische Recht zwischen Schenkungen an pflichtteilsberechtigte und nicht pflichtteilsberechtigte Personen unterscheidet: Die Schenkung an nicht pflichtteilsberechtigte Personen wird hinsichtlich des Pflichtteils nicht mehr berücksichtigt, wenn sie länger als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgte. Bei Zuwendungen an pflichtteilsberechtigte Personen gibt es keine zeitliche Begrenzung für die Berücksichtigung dieser Schenkung bei der Pflichtteilsberechnung.

Anders als in Deutschland kann in Österreichisch der Pflichtteil eines Kindes, zu dem der Erblasser keinen oder wenig Kontakt hatte, um die Hälfte gekürzt werden.

Nach österreichischem Recht kann sich der Erblasser in einem Erbvertrag nur bezüglich ¾ seines Nachlasses binden.

Während nach deutschem Recht der Grundsatz des Von-Selbst-Erwerbes gilt, wonach die Erbschaft automatisch auf den Erben übergeht, wird der Erbe in Österreich nicht automatisch Erbe und darf das Erbe nicht eigenmächtig in Besitz nehmen. Durch das Nachlassgericht wird vielmehr zunächst eine "Verlassenschaftsabhandlung" durchgeführt, Die Rechtsnachfolge tritt erst durch die förmliche "Einantwortung" durch das "Verlassenschaftsgericht" ein. Bis dahin gilt der Nachlass als juristische Person, die klagen und verklagt werden kann.

Zu beachten ist, dass Immobilien nie von der "Verlassenschaftsabhandlung" erfasst werden. Für die Umschreibung der Immobilie ist eine Erbenbescheinigung erforderlich, die die genaue Beschreibung der Immobilie beinhaltet. Diese ist zwar in einem deutschen Erbschein oder auch dem Europäischen Nachlasszeugnis nicht enthalten, gleichwohl müssen die österreichischen Behörden einen solchen Erbnachweis als ausreichend anerkennen, um das Grundbuch zu berichtigen. Eine "Einantwortungsurkunde" nach österreichischem Recht dürfen sie nicht verlangen.[20]

Eine weitere Besonderheit des österreichischen Rechts ist, dass es keine Erbschaft- und Schenkungsteuer mehr gibt.[21] Wer in Österreich ein Haus erbt, muss es dort nicht versteuern, aber Grunderwerbsteuer[22] zahlen. Bis 250.000 EUR sind nur 0,5 Prozent des Hauswerts fällig (also 1.250 EUR), bis 400.000 dann zwei Prozent (8.000 EUR). Dazu kommt der Grundbucheintrag, der 1,1 Prozent des Verkehrswerts kostet. Hatte jedoch der Verstorbene oder der Erbe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so müssen Nachlässe oberhalb der Freibeträge in Deutschland versteuert werden.

[18] Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG BGBl. I.v. 30.7.2015 – Nr. 87.
[19] Allgemein zum Erbrecht in Österreich Ferrari, Likar-Peer, Erbrecht Wien 2020.
[20] Vgl. Österreichischer Oberster Gerichtshof (OGH) B. v. 3.10.2018 – 5 Ob 157/18 a abrufbar über http://www.rdb.manz.at, zuletzt besucht 12.11.2021.
[21] Vgl. VfGH 8.3.2007 G 54/06 zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer.
[22] Vgl. Bundesministerium Finanzen http://www.bmf.gv.at, zuletzt besucht 11.11.2021.

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