Leitsatz

1. Die Pflicht des Erben zur Erteilung der Auskunft über den Nachlassbestand mittels Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB stellt eine unvertretbare Handlung dar, deren Vollstreckung sich nach § 888 Abs. 1 ZPO richtet, auch wenn der Erbe zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt wurde.

2. Eine wiederholte Zwangsgeldfestsetzung bedarf eines schutzwürdigen Interesses, welches nur dann gegeben ist, wenn ein zuvor angeordnetes Zwangsgeld bereits gezahlt oder vollstreckt wurde.

3. Für die Frage, ob der Erbe als Auskunftsverpflichteter vor dem das Nachlassverzeichnis aufnehmenden Notar persönlich erscheinen muss, hat eine konkrete Betrachtung des Einzelfalls zu erfolgen. Der Auskunftsverpflichtete muss in dem Umfang an der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses mitwirken, wie es für die ordnungsgemäße Erstellung des Verzeichnisses im konkreten Fall erforderlich ist.

4. Hat der Erbe dem Notar bereits persönlich Auskunft erteilt und besteht keine weitergehender Aufklärungsbedarf, so hat der Erbe seine Mitwirkungspflicht erfüllt und muss nicht an dem Termin zur förmlichen Aufnahme des Verzeichnisses erscheinen.

BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZB 109/17

Sachverhalt

I. Die Gläubigerin ist die nichteheliche Tochter des am 24. Juni 2014 verstorbenen Erblassers. Die Schuldnerin ist dessen Witwe. Die Gläubigerin machte einen Pflichtteilsanspruch gegen die Schuldnerin als Vorerbin nach dem Erblasser geltend und erwirkte ein Urteil, mit dem die Schuldnerin verurteilt wurde, der Gläubigerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers zu erteilen durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme die Gläubigerin hinzugezogen wird.

Der von der Schuldnerin mit der Erstellung des Verzeichnisses beauftragte Notar beraumte mehrere Termine zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses an, zu denen jeweils beide Parteien geladen wurden. Die Schuldnerin suchte den Notar am 22. Februar 2017 gemeinsam mit ihrem Bevollmächtigten auf und legte ihm umfangreiche Unterlagen vor. Sie erschien jedoch weder an dem auf den 23. Februar 2017 noch an einem anderen vom Notar anberaumten Termin. Der Notar leitete der Gläubigerin und der Schuldnerin den Entwurf eines Nachlassverzeichnisses zu und gewährte ihnen eine Frist zur Stellungnahme von einem Monat bis zum 28. April 2017.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht zur Erzwingung der Auskunftsverpflichtung mit Beschluss vom 13. April 2017 ein Zwangsgeld gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.000 EUR, ersatzweise für je 200 EUR je einen Tag Zwangshaft, festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 2. Juni 2017 zurückgewiesen.

Die Gläubigerin hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 erneut die Festsetzung eines Zwangsgelds zur Erzwingung der titulierten Verpflichtung beantragt. Das Landgericht hat gegen die Schuldnerin mit Beschluss vom 25. Juli 2017 ein weiteres Zwangsgeld von 2.000 EUR, ersatzweise für je 250 EUR je einen Tag Zwangshaft, festgesetzt.

Dagegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, der Notar habe vor Erlass des Zwangsgeldbeschlusses am 1. Juni 2017 ein notarielles Nachlassverzeichnis aufgenommen und der Gläubigerin am 17. Juni 2017 zugeleitet. Das Beschwerdegericht hat den Zwangsgeldbeschluss aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung von Zwangsmitteln zurückgewiesen.

II. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde als begründet angesehen, weil die Voraussetzungen für die erneute Festsetzung von Zwangsmitteln im Sinne des § 888 ZPO gegen die Schuldnerin nicht vorlägen. Dazu hat es ausgeführt: Die Verurteilung zur Auskunftserteilung sei nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken, auch wenn die Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen habe. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Die Schuldnerin habe jedoch die titulierte Verpflichtung durch Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 1. Juni 2017 inzwischen erfüllt. Dieses sei nicht bereits deshalb unzureichend, weil die zur Auskunft verpflichtete Schuldnerin bei keinem der von dem Notar anberaumten Termine persönlich anwesend gewesen sei, zu denen beide Parteien geladen worden seien.

Aus den Gründen

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin mit Recht zurückgewiesen.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Erben zur Erteilung einer Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme der Gläubiger hinzugezogen wird, als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zw...

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