Grundsätzlich erstreckt sich die Auskunftspflicht der Banken auf sämtliche Konten des Erblassers. Allerdings gibt es bei manchen Kontoarten Besonderheiten zu beachten.

aa) Nummernkonto

Das Nummernkonto wird nicht mit dem Namen des Kontoinhabers geführt, sondern nur mit einer Nummer gekennzeichnet. Die Identität des Kontoinhabers ist dabei tatsächlich nur einem kleinen Kreis von Personen in der Bank bekannt und wird nicht im zentralen EDV-System der Bank gespeichert.[31] Verstirbt der Kontoinhaber treten dessen Erben allerdings in die Vertragsbeziehung mit der Bank ein. Die Anonymisierung ändert nichts an der Rechtsstellung des Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers und an seinem bestehenden Auskunftsrecht. Erkundigen sich die Erben bei einer Bank nach dem Vorhandensein von Kontoverbindungen des Erblassers, so haben die Banken auch Nummernkonten bekannt zu geben.

[31] Pawlytta/Schmutz, ZEV 2008, 59 (64).

bb) Compte-Joint

Beim Compte-Joint handelt es sich um ein dem deutschen Oder-Konto vergleichbares, Gemeinschaftskonto, bei dem jeder Kontoinhaber einzeln verfügen kann. Die Bank kann nach Art. 150 Abs. 2 OR befreiend an jeden Kontoinhaber leisten und zwar auch bei Kenntnis vom Tod eines Kontoinhabers.[33]

[32] Die nachfolgenden Ausführungen gelten auch für gemeinschaftliche Wertpapierdepots.
[33] BGE 94 II 313, 318; BGE 101 II 117, 120.

(1) Erbenausschlussklausel

Die meisten der Compte-Joint-Verträge sehen sog. Erbenausschlussklauseln vor. Darunter versteht man eine vertragliche Vereinbarung mit der Bank, die vorsieht, dass beim Tod eines Kontoinhabers das Vertragsverhältnis unter Ausschluss der Erben alleine mit dem überlebenden Kontoinhaber weitergeführt wird.[34] Fraglich ist, ob die Erbenausschlussklausel die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen der Erben gegenüber der Bank wirksam vereiteln kann, da die Erben aufgrund der Klausel nicht in das mit der Bank bestehende Vertragsverhältnis eintreten.

[34] Guggenheim, Die Verträge der schweizerischen Bankpraxis, S. 215 f.

(2) Qualifikation der Klausel

Die Zulässigkeit der Klausel ist umstritten. Wird sie als Verfügung von Todes wegen qualifiziert, scheitert die Wirksamkeit bereits an der Einhaltung erbrechtlicher Formvorschriften, da Bankverträge diese Vorschriften regelmäßig nicht erfüllen.[35] Die h. L. qualifiziert die Klausel als Rechtsgeschäft unter Lebenden und kommt zu deren Zulässigkeit.[36]

Das BG hat die Klausel bereits im Jahr 1968 für zulässig erachtet, da sich die Zulässigkeit aus der Vertragsfreiheit ergäbe.[37]

[35] Vgl. mwN Brunner, Der Tod des Bankkunden, S. 160 ff.
[36] Vgl. mwN Brunner, Der Tod des Bankkunden, S. 160 ff.
[37] BGE 94 II 167 ff; in dem Urteil 5P.17/2002 vom 12.2.2002, Erw. 2 c cc = SZW 2003, 213 rl 12 jedoch wiederum offen gelassen.

(3) Auswirkungen auf das Auskunftsrecht

Auf kantonaler Ebene haben sich das Zürcher Obergericht (nachfolgend: OGer) und das Basler Appellationsgericht (nachfolgend: AppGer) mit einem Teilaspekt der Erbenausschlussklausel, nämlich jenem, der die Auskunftspflicht der Bank gegenüber den Erben in weitestem Umfang reduziert, befasst. Das Zürcher OGer erklärte eine solche Klausel aufgrund der konkreten Umstände als missbräuchlich und damit nichtig (Art. 20 Abs. 1 OR), weil die Klausel in dem zu entscheidenden Fall das Informationsrecht der Erben unterband und der Umgehung erbrechtlicher Vorschriften diente.[38] Das AppGer des Kantons Basel-Stadt erklärte die vertragliche Beschränkung des Informationsanspruchs der Erben ebenfalls für unwirksam.[39]

Im Ergebnis wird den Erben verstorbener Compte-Joint-Inhabern ein unmittelbarer Auskunftsanspruch gegen die Bank über die vor dem Tod getätigten Bankgeschäfte zugebilligt.

[38] Urteil des OGer ZH, ZR 101 (2002) N 26 = SZW 2002 245 r8.
[39] Urteil des AppGer BS vom 26.3.2004 = BMJ 2006, 100 ff = SZW 2006 300 rl8.

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