Das 24. Berliner Steuergespräch befasste sich unter der Moderation von Herrn Michael Wendt[2] mit der weitreichenden Änderung der Besteuerung von Kapitalerträgen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008, das die Abgeltungsteuer enthält.

Neben den Referenten Herrn Prof. Dr. Rolf Eckhoff[3] und Herrn Friedrich Brusch[4] wirkten Frau Dr. Martina Baumgärtel[5], Herr Dr. Andreas Rodin[6] und Herr Prof. Dr. Wolfgang Wiegard[7] als Podiumsgäste an dem Gespräch mit.

In seinem einleitenden Vortrag erinnerte Wendt an ein Berliner Steuergespräch aus dem Jahr 2003, das sich mit der Einführung einer Abgeltungsteuer befasste. Eine solche sei nun geltendes Recht, aber noch nicht erprobt. Es sei abzuwarten, ob es vielleicht sogar vor Inkrafttreten noch Änderungen geben werde.

Anschließend stellte Brusch die Entstehung und die Funktionsweise der Abgeltungsteuer vor und ging auf die Regelungen der Abgeltungsteuer im Einzelnen ein. Wesentliche Änderungen beträfen im Rahmen der Einnahmen aus Kapitalanlagen nach § 20 Abs. 1 EStG die Erträge aus Lebensversicherungen. Im Rahmen der Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen würden von § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG nun auch Erträge aus reinen Spekulationsanlagen erfasst sowie sonstige Kapitalforderungen, bei denen die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt.

Des Weiteren widmete sich Brusch den Veräußerungs- und Spekulationsgewinnen. Unter § 20 Abs. 2 EStG würden die Wertzuwächse durch die Veräußerung von Kapitalanlagen unabhängig von einer Haltefrist im Privatvermögen erfasst. Dies sei aus seiner Sicht eine logische Folge des Prinzips der umfassenden Besteuerung von Kapitalanlagen. Dabei ging er näher auf den Veräußerungsbegriff, die Veräußerungstatbestände und die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ein und zeigte die wesentlichen Änderungen auf.

Im Anschluss wandte Brusch sich der Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer zu und verwies auf den Wegfall des Halbeinkünfteverfahrens im Privatvermögen sowie die 40-prozentige Steuerfreiheit im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens bei Betriebsvermögen. Im Rahmen der Verlustverrechnung sei vor allem das Verlustausgleichsverbot mit anderen Einkunftsarten eine wesentliche Neuerung.

Als Folgerungen für die Investmentbesteuerung nannte Brusch, dass Fondserträge bei Privatpersonen wie bisher Einkünfte aus Kapitalvermögen blieben. Das Fondsprivileg für Privatanleger, die Steuerfreiheit ausgeschütteter Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren, aus Termingeschäften und Bezugsrechten auf Anteile an einer Kapitalgesellschaft würden zukünftig für Zuflüsse nach dem 31.12.2008 nicht fortgeführt. Eine Ausnahme gelte für Wertpapiere und Bezugsrechte, die vor dem 1.1.2009 angeschafft und für Termingeschäfte, die vor dem 1.1.2009 abgeschlossen wurden; hier gelte das Fondsprivileg weiter. Gewinne aus Wertpapierveräußerungen seien allerdings im Falle der Thesaurierung weiterhin nicht steuerbar. Abschließend meinte Brusch, das Hauptziel, die Schedularisierung sei erreicht worden. Zwar seien nicht alle Vorstellungen, insbesondere die des Steuersatzes, umgesetzt worden; die Vorteile der Abgeltungsteuer würden jedoch überwiegen.

Anschließend fragte Eckhoff, ob die Abgeltungsteuer verfassungsgemäß sei. Bei der Steuersystematik gebe der Gesetzgeber mit der Einführung der Abgeltungsteuer den synthetischen Einkommensbegriff ebenso auf wie den bisherigen Dualismus der Einkunftsarten. Das objektive Nettoprinzip gelte nicht mehr uneingeschränkt. Die Grundstrukturen des bisherigen Einkommensteuerrechts seien aufgegeben worden, die des neuen Einkommensteuergesetzes könne er, Eckhoff, nicht aufzeigen. Die Binnenstruktur des Einkommensteuergesetzes sei nicht mehr gut verständlich.

Eckhoff meinte, der Gesetzgeber sei weder durch den Gleichheitssatz noch durch andere Verfassungsgrundsätze an der Änderung oder Ersetzung des Einkommensteuergesetzes gehindert oder gezwungen Veräußerungsgewinne in die Besteuerung einzubeziehen. Nach seiner Ansicht liege der Schwerpunkt des verfassungsrechtlichen Problems in der Unterscheidung zwischen der Besteuerung von Kapitalerträgen einerseits zu anderen Einkunftsarten andererseits, also in der Begründung der Schedule.

Im Einzelnen ging Eckhoff auf die Berücksichtigung der Vorbelastung von Dividenden mit Körperschaftsteuer, die Begünstigung von Kapitalerträgen gegenüber Arbeitseinkommen, die Vereinfachung des Steuerverfahrens sowie die Gleichbehandlung von Dividenden und Zinsen ein. Nachdem Eckhoff die Unterscheidung von Kapitalerträgen in Privat- und Betriebsvermögen sowie die Bruttobesteuerung verfassungsrechtlich würdigte, kam er zu dem Fazit, dass die Abgeltungsteuer verfassungsrechtlich fragwürdig, jedoch nicht verfassungswidrig sei.

Angesichts einer Gesamtsteuerbelastung von über 48 Prozent bei Dividenden bewertete Eckhoff die Bruttobesteuerung, die Verlustausgleichsbeschränkung und die Besteuerung aller Veräußerungsgewinne als ökonomisch extrem hohe Preise für die Abgeltungsteuer. Es werde auch auf eine rationale un...

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