Leitsatz

Beim Abschluss eines unentgeltlichen Übertragungsvertrages zwischen Eltern und Kind unter dem Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechts für die Eltern ist die Leistung im Sinne des § 2325 Abs. 3 BGB erbracht, wenn der Eigentumsübergang, d.h. die Eintragung im Grundbuch, erfolgt ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger macht gegenüber seiner Schwester einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Diese bekam im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das elterliche Grundstück mit Übergabevertrag vom 25.10.1990 übertragen und räumte den Eltern im Gegenzug ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht ein. Eine Vermietung sollte beiden Parteien nicht gestattet sein. Die Beklagte traf zudem die Verpflichtung das Grundstück zu Lebzeiten der Eltern nicht zu veräußern. Für diesen Fall war ein Rückübertragungsrecht vorgesehen. Die Beklagte wurde am 6.12.1990 in das Grundbuch eingetragen. Der Vater der Parteien verstarb am 8.8.2002.

Der Kläger meint, die Schenkung sei zu Lebzeiten nicht vollzogen worden und damit der Anspruch noch nicht verjährt.

 

Entscheidung

Dem Kläger steht wegen des Ablaufs der Zehnjahresfrist gem. § 2325 Abs. 3 BGB kein Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr zu. Die Verfügung über einen Gegenstand stellt nur dann eine Leistung i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB dar, wenn der Schenker den Gegenstand auch wirklich an den Beschenkten verliert. Deshalb gilt eine Schenkung dann als nicht geleistet, wenn der Schenker den "Genuss" des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung nicht auch tatsächlich entbehren muss.

Hier ist von einer Leistung i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB auszugehen, da die Eltern die Beklagte nicht mehr von der Nutzung des Grundstücks ausschließen oder ihr im Falle eines Zerwürfnisses die zweite Wohnung entziehen konnten. Auch das Rückerwerbsrecht der Eltern im Falle einer Veräußerung durch die Tochter ändert nichts an dem Umstand, dass die Eltern nicht mehr "Herr im Hause" waren. Dies ist eine spürbare Schmälerung der bisherigen Rechtsmacht und auch des faktischen Vermögensgenusses.

Eine frühere Verurteilung der Tochter zur Vorlage eines Wertgutachtens bezüglich des übertragenen Grundstücks ändert daran nichts, da ein Rechtsgrund für die Zahlungsverpflichtung dadurch nicht begründet worden ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2008, 12 U 124/07

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