Leitsatz

Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs zwischen geschiedenen Eheleuten darf in Härtefällen die Zeit Getrenntlebens unberücksichtigt bleiben, insbesondere wenn sie im Verhältnis zur Ehedauer lang war. Dies ist vor allem bei Ehen wichtig, bei denen vor der Scheidung eine sehr lange Zeit des Getrenntlebens lag.

 

Sachverhalt

Das OLG Saarbrücken gab mit seinem Beschluss der Beschwerde einer geschiedenen Frau statt. Die Antragstellerin wehrte sich dagegen, dass das Familiengericht den Versorgungsausgleich zu Gunsten ihres Ex-Manns ungekürzt nicht nur für dir Zeit des Zusammenlebens, sondern auch für die lange Trennungszeit durchgeführt hatte. Es befand, dass bei einer Ehezeit von fast 23 Jahren und einer zum Ehezeitende bereits knapp über 11 Jahre andauernden Trennung die Anwendung der Härteklausel nach § 1587c Nr. 1 BGB allein schon aus der Länge der Trennungszeit folge. Der Versorgungsausgleich habe den Zweck, dass beide Ehepartner von den Renten- oder Pensionsansprüchen, die während der Ehezeit erworben wurden, profitieren. Mit dem Tag der Trennung habe sich diese Solidarität unabhängig vom Scheidungstag erledigt. Der Versorgungsausgleich soll dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit der Ehegatten auch eineVersorgungsgemeinschaft ist. Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Es fehle aber die den Versorgungsausgleich rechtfertigende Grundlage, sobald die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist.

Zwar sei der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruhe jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren.

Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen. Zumindest nach einer längeren Trennungszeit sei davon auszugehen, dass die Ex-Ehepartner sich wirtschaftlich verselbstständigt hätten. Daher sei diese Zeit für die Berechnung des Versorgungsausgleichs unerheblich.

Für die hierfür notwendige Dauer der Trennung lasse sich dabei kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie würde aber um so eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger die Trennungsphase im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat.

Es wurde vom Gericht in diesem Fall auch beim Antragsgegner kein Vertrauenstatbestand auf Fortdauer der Solidarität gesehen, denn die Antragsstellerin belegte eine völlige Aufhebung jeglicher wirtschaftlichen und persönlichen Gemeinschaft zwischen den Parteien während der Trennungszeit.

 

Link zur Entscheidung

OLG Saarbrücken, Beschluss v. 19.3.2008, 9 UF 123/07.

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