a) Grundrechtlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht

Wie das BVerfG schon mehrfach ausgeführt hat, greift die Zwangsbehandlung in das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein, das die körperliche Integrität und damit auch das Selbstbestimmungsrecht schützt, und ist ein Eingriff in das Grundrecht nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit in verfahrensrechtlicher und materieller Hinsicht bestimmt (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 1128).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber zum 26.2.2013 in den § 1906 Abs. 3 u. 3a BGB und in den Vorschriften des FamFG die Voraussetzungen für die Veranlassung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme durch den Betreuer neu geschaffen.

Das BVerfG (FamRZ 2015, 1589 m. Anm. Spickhoff) stellt hierzu heraus:

Der Betreuer kann in eine dem natürlichen Willen des Betroffenen widersprechende ärztliche Maßnahme nur einwilligen, wenn der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt gerade auch die Freiheit zur Krankheit und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt sind.

Der Betreuer kann weiterhin nur einwilligen, wenn zuvor ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne unzulässige Druckausübung versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen.

Die Maßnahme muss schließlich zum Wohl des Betroffenen erforderlich sein, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden, der einen erheblichen Schweregrad erreicht haben muss. Die Abwendung des Schadens darf nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht durch eine andere Maßnahme zu erreichen sein.

b) Erfordernis eines ausführlichen Gutachtens

Eine Zwangsmedikation ohne die nach § 321 Abs. 1 S. 1 FamFG gebotene gutachterliche Grundlage ist rechtswidrig (BGH FamRZ 2015, 1706 = MDR 2015, 1073 = FuR 2015, 670 m. Bearb. Soyka). Das Gutachten muss namentlich die Art und das Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen an Hand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen.

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