Gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts in allen Prozessen zu erstatten. Diese Vorschrift bildet insoweit eine Ausnahme zu § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbinde (so auch BGH RVGreport 2014, 315 [Hansens] = AGS 2014, 300). Somit gelten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts unabhängig von den konkreten Umständen stets als zweckentsprechend verursachte Kosten.

Eine Partei kann sich deshalb im Prozess grundsätzlich anwaltlicher Hilfe bedienen, unabhängig davon, ob für das Einzelverfahren Anwaltszwang bestehe. Das BAG (a.a.O.) hat darauf hingewiesen, dass dies auch für eine rechtskundige Partei oder für eine Partei gilt, die über eine eigene Rechtsabteilung verfüge (s. BGH RVGreport 2014, 114 [Hansens] = AGS 2014, 51). Eine Partei ist auch nicht verpflichtet, eine kostenlose rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, die ihr etwa aufgrund einer Verbandsmitgliedschaft zustehe. Folglich ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die Partei für das Verfahren einen Rechtsanwalt beauftragen durfte und ob dies objektiv notwendig gewesen sei (s. BGH BRAGOreport 2003, 53 [Hansens] = AGS 2003, 219 m. Anm. Madert). Allein entscheidend ist, ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragt hätte, was für einen Rechtsmittelgegner der Regelfall ist (BGH a.a.O.; BAG RVGreport 2008, 229 [Hansens]).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge