Die Einhaltung der Schriftform ist bei langfristigen Mietverträgen, nicht nur bei Abschluss des Mietvertrags, sondern auch bei späteren Änderungen, von besonderer Bedeutung. Ihre Missachtung kann erhebliche wirtschaftliche Folgen haben. Gerade bei späteren Vertragsänderungen kommt es immer wieder vor, dass es zu Schriftformmängeln kommt. Strittig war in der Vergangenheit, ob es eine Art Erheblichkeitsschwelle gibt, unterhalb derer die Parteien Vertragsänderungen oder -ergänzungen auch unter Missachtung des § 550 BGB vereinbaren können. Bei Mieterhöhungen wurde die aus anderen Bereichen hinlänglich bekannte 10 %-Grenze herangezogen mit der Folge, dass nur Mieterhöhungen über 10 % dem Schriftformerfordernis unterfallen sollten (KG NZM 2005, 457; Timme/Hülk NJW 2007, 3313, 3316); teilweise wurde diese Grenze sogar bei 20 % gezogen (Sternel, Mietrecht aktuell, IV Rn 15). Auf der andere Seite gab es Stimmen, die nur ganz unwesentliche Änderungen vom Schriftformerfordernis befreien wollten (Lindner-Figura in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 6 Rn 70 und 64; Späth ZMR 2010, 585, 589: geringfügig allenfalls Veränderungen von 1–2 %).

Der BGH (BGH NJW 2016, 311 = WuM 2016, 28 = MDR 2016, 146 = NZM 2016, 98 = GE 2016, 189 = MietPrax-AK § 550 BGB Nr. 42 m. Anm. Eisenschmid; Burbulla MietRB 2016, 35; Schweitzer NZM 2016, 101) hatte sich mit einer Mieterhöhung um 1,5 % zu beschäftigen. Nach Ansicht des XII. Senats stellt jede Änderung der Miethöhe stets eine wesentliche und – jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann – dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar. Von der Schriftform ausgenommen seien lediglich solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrags, auf den die Parteien sich geeinigt haben, von nur nebensächlicher Bedeutung sind. Eine Mieterhöhung falle nie darunter. Bei der Miete handele es sich um eine Essentialia des Mietvertrags. Die Höhe der Miete sei für einen Erwerber, der ja vorrangig durch § 550 BGB geschützt werden soll, von besonderer Bedeutung. Dabei sei nicht nur das Interesse am Erhalt der Miete von Bedeutung, sondern auch die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Der BGH spricht davon, dass bereits die Nichtzahlung eines geringfügigen Erhöhungsbetrags bei einem langfristigen Mietvertrag "das Fass zum Überlaufen bringen" könne, also dazu führen kann, dass eine der Grenzen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB überschritten wird. Nach Ansicht des Senats sei es angesichts der Vielgestaltigkeit von Mietverhältnissen nicht möglich, eine feste Prozentgrenze festzulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht wesentlich sei. Daher spreche auch das Gebot der Rechtssicherheit gegen die Annahme einer solchen Erheblichkeitsgrenze. Der Senat weist darauf hin, dass die Grundsätze auch für Mietsenkungen zu gelten hätten.

Die Mieter seien auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB gehindert, sich auf den Schriftformmangel zu berufen. Grundsätzlich darf sich jede Vertragspartei darauf berufen, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Offengelassen hat der Senat die Beantwortung der Frage, wie genau Vereinbarungen über den Um- und Ausbau schriftlich festgehalten werden müssen. Solche Nebenabreden unterliegen der Schriftform, wenn sie den Inhalt des Mietverhältnisses gestalten und nach dem Willen der Vertragsparteien wesentliche Bedeutung haben. Treffen die Mietvertragsparteien Vereinbarungen zu am Mietobjekt vorzunehmenden Um- und Ausbauarbeiten und dazu, wer diese vorzunehmen und wer die Kosten zu tragen hat, so liege die Annahme nicht fern, dass diesen Abreden vertragswesentliche Bedeutung zukomme. Eine vertragswesentliche Nebenabrede zu Um- und Ausbauarbeiten könne nicht nur bei einer Flächenvergrößerung oder bei einem verlorenen Baukostenzuschuss vorliegen.

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