1. Ausschließliche Beeinträchtigung des Sondereigentums

Wenn durch die Störung ausschließlich und allein das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers beeinträchtigt wird, fehlt es bereits an einem Gemeinschaftsbezug, so dass der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG von vorneherein nicht eröffnet ist (Klein in: Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 12. Aufl. 2013, § 10 Rn. 275 und 255).

2. Beeinträchtigung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum

a) Rechte des Sondereigentümers

Wie die in der Praxis häufigeren Fälle zu behandeln sind, in denen durch die Störung sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum betroffen sind, hat der BGH in den Entscheidungsgründen ausdrücklich offen gelassen. In der Pressemitteilung des BGH (Nr. 182/2014 v. 5.12.2014) war noch davon die Rede, dass der Wohnungseigentümer eine eigene Klage erheben kann, wenn die Störung sein Sondereigentum unmittelbar beeinträchtigt.

 

Beispiele:

Die Prostitutionsausübung im Wohnhaus beeinträchtigt nicht nur gemeinschaftliche Belange, sondern führt auch zu besonderen Belästigungen des im Erdgeschoss wohnenden Sondereigentümers durch falsches Klingeln, Lärm und Ansprechen weiblicher Bewohner. Ein auf einer Sondernutzungsfläche rechtswidrig gepflanzter und aufwachsender Baum beeinträchtigt nicht nur die Fassade sondern verschattet auch eine Wohnung.

M.E. kann die Abwehr einer Beeinträchtigung des Sondereigentums dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht entzogen werden. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG betrifft nur gemeinschaftsbezogene Ansprüche. Das betrifft nach der Rechtsprechung des BGH solche Störungen, die sich auf das Gemeinschaftseigentum auswirken und dessen Substanz oder Nutzung beeinträchtigen. Störungen des Sondereigentums werden deshalb hiervon nicht erfasst. Darüber hinaus erscheint es im Hinblick auf Art. 14 GG bereits verfassungsrechtlich bedenklich, dem Wohnungseigentümer die Geltendmachung eines Individualanspruchs zu entziehen, auch wenn dieser auch das Gemeinschaftseigentum mitbetrifft (vgl. Briesemeister ZMR 2014, 951 [952]; Schmid NZM 2009, 721 [723]).

 

Hinweis:

Will sich ein Wohnungseigentümer auf die Störung seines Sondereigentums berufen, muss er vortragen, worin die Beeinträchtigung gerade seines Sondereigentums liegt, wobei der BGH ein Absinken des Verkehrswertes oder eine Erschwerung der Vermietung nicht genügen lässt. Diese Aussage bezieht sich aber nur auf die Beeinträchtigung gemeinschaftlicher Belange, die ihrerseits wiederum auf Verkehrswert und Vermietbarkeit ausstrahlen.

b) Folgerungen

Hieraus ist wohl abzuleiten, dass die Störung des Sondereigentums über die bloßen Folgen der Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen muss. Das Sondereigentum darf nicht nur deshalb (mittelbar) beeinträchtigt sein, weil das Gemeinschaftseigentum (unmittelbar) beeinträchtigt ist.

Ein Nebeneinander von Prozessen der Wohnungseigentümergemeinschaft und des Sondereigentümers ist deshalb nicht generell ausgeschlossen. Das ist auch sachgerecht, weil im einen Prozess die Störung des Gemeinschaftseigentums im anderen die Störung des Sondereigentums verfolgt wird. Deshalb können auch die Rechtsschutzziele verschieden sein.

 

Beispiel:

Bei dem vorerwähnten Baum begehrt die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verurteilung zu geeigneten Maßnahmen, um eine Beeinträchtigung der Fassade zu verhindern, der einzelne Wohnungseigentümer zu solchen, die die Verschattung beseitigen.

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