§ 406g Abs. 1 StPO verschafft jedem Verletzten einen Anspruch auf Beistand durch einen psychosozialen Prozessbegleiter. Der Anspruch ist nicht auf Fälle besonders schwerwiegender Straftaten oder auf nebenklagefähige Delikte beschränkt und besteht über § 2 Abs. 2 JGG auch im Verfahren gegen Jugendliche. Eine Beiordnung durch das Gericht ist im Rahmen des § 406g Abs. 1 StPO allerdings nicht vorgesehen.

Wer Verletzter ist, hat der Gesetzgeber weder in der StPO noch im PsychPbG bestimmt. Es gibt im Strafverfahrensrecht keinen einheitlichen Verletztenbegriff, die Definition ist jeweils aus dem Funktionszusammenhang heraus zu bestimmen (KK-Zabeck, 7. Aufl. 2013, vor § 406d, Rn 3). Im Rahmen der §§ 406d ff. StPO ist der Begriff weit auszulegen, auch der mittelbar Geschädigte kann Verletzter sein (OLG Hamburg NStZ-RR 2012, 320). Eine solche weite Auslegung erscheint auch beim neuen § 406g StPO sachgerecht; schließlich können auch Zeugen, die durch die Tat „nur“ mittelbar beeinträchtigt sind, besonders schutzbedürftig sein (man denke an zivilrechtlich Anspruchsberechtigte aus den §§ 844, 845 BGB bei einem Tötungsdelikt, vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.12.2008 – 2 BvR 1043/08).

 

Hinweis:

Für die Zuerkennung des Verletztenstatus i.S.d. § 406g StPO genügt es, wenn die betroffene Person durch die dem Beschuldigten/Angeklagten zur Last gelegten Straftat geschädigt sein könnte. Ob die im Raum stehende Straftat tatsächlich begangen wurde, ist nach wie vor ausschließlich in der Hauptverhandlung zu klären.

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