1. Ausbildungsunterhalt

Der Unterhalt eines Kindes umfasst nach § 1610 Abs. 2 BGB die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. In Übereinstimmung mit der allgemeinen Meinung hat das OLG Nürnberg (FamRZ 2023, 1713 = NJW 2023, 2493 = MDR 2023, 1190 = FamRB 2023, 445 m. Hinw. Liceni-Kierstein) dargelegt, dass eine Ausbildung geschuldet wird, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten der Eltern hält. Die Eltern sind nicht verpflichtet die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Bei einer Lehre-Studium-Ausbildung ist ein einheitlicher Ausbildungsgang erforderlich; die Ausbildungsabschnitte müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Das OLG führt aus, dass zwischen einer Berufsausbildung zum Holzbildhauer und dem Studium der Architektur je nach Ausgestaltung im Einzelnen ein derart enger Zusammenhang bestehen kann, dass es sich hierbei um eine einheitliche Erstausbildung handelt.

Es liegt keine Obliegenheitsverletzung des unterhaltsberechtigten Kindes vor, wenn es seine berufliche Ausbildung trotz des bereits in dieser Zeit beabsichtigten Studiums zu Ende führt, anstatt diese zur finanziellen Entlastung seiner Eltern vorzeitig abzubrechen und sogleich das Studium anzutreten.

2. Bemessung bei hohem Einkommen des Barunterhaltspflichtigen

Nach § 1610 Abs. 1 BGB bemisst sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen, die sich bei minderjährigen Kindern bis zum Abschluss ihrer Ausbildung von den Eltern ableitet. Nach fast allgemeiner Meinung kommt es auf die Lebensstellung beider Eltern an, wobei sich die Zahlungspflicht des Barunterhaltspflichtigen auf den Betrag begrenzt, den er aufgrund des von ihm erzielten Einkommens zahlen muss (vgl. BGH FamRZ 2022, 1366; FamRZ 2021, 28).

Der BGH (FamRZ 2024, 32 m. Anm. Langeheine = MDR 2023, 1592) weist darauf hin, dass bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Barunterhaltspflichtigen der Zahlbetrag über den Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle hinausgehen kann. Es muss sichergestellt sein, dass das Kind in einer seinem Alter entsprechenden Weise an der Lebensführung der Eltern teilhat. Es bleibt dem unterhaltsberechtigten Kind unbenommen, einen höheren Bedarf darzulegen. Allerdings ist insbesondere beim Unterhalt minderjähriger Kinder zu beachten, dass dieser keine bloße Teilhabe am Luxus der Eltern beinhaltet und naturgemäß erst recht nicht zur Vermögensbildung des Kindes dient. Welche Bedürfnisse relevant sind, richtet sich nach den besonderen Verhältnissen der Beteiligten, namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflegten aufwendigen Lebensstil.

Neben einem wegen besonders hohem Einkommen des Unterhaltspflichtigen gesteigerten Tabellenbetrag, der den Regelbedarf abdeckt, kann ein Mehrbedarf für solche Bedarfspositionen treten, die ihrer Art nach nicht in den Tabellenbedarf einkalkuliert sind. An diesem hat sich der betreuende Elternteil grundsätzlich zu beteiligen, anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Elternteile.

Ob und in welchem Umfang aufgrund eines erhöhten Wohnbedarfs höhere Kosten auftreten, beurteilt sich i.d.R. aus einem Vergleich der auf das Kind entfallenden tatsächlichen mit dem in dem Tabellenbetrag einkalkulierten Wohnkosten. Diese werden üblicherweise mit jeweils 20 % des Tabellenbetrags pauschaliert.

3. Wechselmodell

a) Voraussetzung

Im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 2015, 23; 2014, 917) hat das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 1116) herausgestellt, dass die Voraussetzungen eines paritätischen Wechselmodells nicht schon vorliegen, wenn eine über den gewöhnlichen Umgang hinausgehende Betreuungszeit beim umgangsberechtigten Elternteil vorliegt, der Schwerpunkt der Pflege und Erziehung der minderjährigen Kinder jedoch bei dem anderen Elternteil liegt; auch dann, wenn die Umgangszeit bei 45 % liegt.

b) Bedarf und Erwerbsobliegenheit

Das OLG Brandenburg (FamRZ 2023, 11114) erläutert Bedarf, Barunterhaltspflicht und Erwerbsobliegenheit beim paritätischen Wechselmodell. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst den sich aus der Ausübung des wechselnden Aufenthalts ergebenden Mehrbedarf, insbesondere durch Wohn- und Fahrtkosten. Unterschiedliche Anteile der Eltern ergeben sich nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB aus deren individueller Leistungsfähigkeit und der sich daraus ergebenden Beteiligungsquote. Beim Wechselmodell besteht grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit beider Eltern. Nach Auffassung des OLG ist sie für die Mutter eines Säuglings aufgrund ihrer Zuwendung und Fürsorge begrenzt auf eine zumindest halbschichtige Erwerbsverpflichtung. Ihr ist zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine Übergangszeit einzuräumen, um vor allem mit ihrem Arbeitgeber die Arbeitszeit im Hinblick auf die Geburt des Kindes abzustimmen.

4. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen

a) Verwertung einer Immobilie

Nach einhelliger Rechtsprechung muss ein Unterhaltspflichtiger grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Best...

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