Unterlassungsansprüche können sich aus gesetzlichen Vorschriften oder aus Verträgen ergeben. Den Regelfall bilden hierbei die gesetzlichen Unterlassungsansprüche, die regelmäßig Rechte und Rechtsgüter des Anspruchsinhabers vorbeugend schützen, teilweise – z.B. im Bereich des Wettbewerbsrechts – aber auch im Allgemeininteresse gegen Verhaltensunrecht gerichtet werden können. Die gesetzlichen Unterlassungsansprüche sind kein Sanktionsinstrument, sondern beruhen allein darauf, dass ein bestimmtes pflichtwidriges Verhalten erstmals zu geschehen („Erstbegehungsgefahr”) oder sich zu wiederholen („Wiederholungsgefahr”) droht. Sie entfallen daher, wenn die Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr durch äußere Umstände oder durch eine geeignete Handlung des Schuldners (z.B. durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung) beseitigt wird. Schon aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergibt sich, dass Unterlassungsansprüche auch auf vertraglicher Grundlage ruhen können und dass die vertragliche Grundlage hierbei beliebig ausgestaltet sein kann. Den Regelfall bilden hier die strafbewehrten Unterlassungserklärungen, d.h. in einem abstrakten Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB begründete, bestimmte Verpflichtungen. Ihre Beurteilung hat sich in der Rechtsprechung weitgehend verselbstständigt und ist Gegenstand einer weitverzweigten Dogmatik, die auf gesetzliche und sonstige vertragliche Unterlassungspflichten nur bedingt übertragen werden kann.

In der prozessualen Praxis wird häufig übersehen, dass Unterlassungsbegehren i.R.v. Haupt- und Hilfsanträgen sowohl auf eine gesetzliche als auch auf eine vertragliche Grundlage gestellt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn gegen Unterlassungserklärungen verstoßen wird und dadurch eine neue Wiederholungsgefahr und somit auch ein neuer gesetzlicher Unterlassungsanspruch entsteht, der den vertraglichen Unterlassungsanspruch flankiert.

 

Hinweis:

Gerade bei sog. Zweitverstößen, d.h. bei erneuter Begehung von bereits mit Unterlassungserklärung unterbundenen Handlungen, sollte geprüft werden, ob neben dem vertraglichen auch ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch besteht. Im Prozess ist hierbei nach dem Gebot des sichersten Wegs zudem festzulegen, in welcher Reihenfolge die beiden Ansprüche (als Haupt- und Hilfsantrag) geltend gemacht werden (vgl. aber BGH GRUR 2007, 877 – Windsor Estate).

Bei der Umsetzung dieser Ansprüche im Prozess ist das Gericht nicht dazu befugt, allgemeine und umfassende Verhaltensnormen für die Zukunft zu setzen, sondern lediglich dazu angehalten, die auf eine konkrete Handlung begrenzte Gefahr der erstmaligen oder wiederholten Begehung zu beseitigen bzw. die vertragliche Unterlassungsforderung durchzusetzen und der Zwangsvollstreckung zuzuführen. Der Unterlassungsanspruch ist also eng um die konkrete Verletzungshandlung herum aufgebaut, was sich auch bei der Bestimmung des Streitgegenstands und bei der Antragsfassung niederschlägt.

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