Am 1.7.2017 ist das "Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017" in Kraft getreten und hat das Recht der Vermögensabschöpfung geändert (vgl. dazu Deutscher ZAP F. 21, S. 301 – in diesem Heft). Das hat auch – durch eine Änderung in der Nr. 4142 VV RVG – gebührenrechtliche Folgen. Zu den anstehenden Fragen liegt jetzt die erste Entscheidung vor. Das LG Berlin hat in seinem Beschluss vom 16.1.2018 (501 Qs 127/17, 2/StRR 2018, 24) ausgeführt, dass die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG n.F. auch dann entsteht, wenn die gem. §§ 73, 73c, 73d StGB n.F. angeordnete Einziehung nicht Strafcharakter hat, sondern allein der Entziehung durch die Straftat erlangter unrechtmäßiger wirtschaftlicher Vorteile dient. Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten in einem Verfahren wegen Betrugs und Urkundenfälschung. In der Anklageschrift wird die Einziehung des durch die Betrugstaten erlangten Betrags von 4.139,12 EUR angekündigt. Der Rechtsanwalt hat dann die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG n.F. geltend gemacht. Diese ist vom AG nicht, auf das Rechtsmittel des Verteidigers hingegen vom LG festgesetzt worden.
Das AG hatte die Ablehnung der Festsetzung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG auf den Umstand gestützt, dass die angeordnete Einziehung hier schon nicht etwa einen rein "zivilrechtlichen Schadensersatzcharakter" habe. Darauf kommt es jedoch – so das LG – nicht entscheidend an. Einer Einschränkung des Gebührentatbestands auf solche Einziehungen, die Straf- und nicht nur zivilrechtlichen Schadensersatzcharakter haben, stehe hier nämlich der ausdrückliche Wortlaut der (zwingenden) Vorschrift der Nr. 4142 VV RVG (und gerade der mit der angefochtenen Entscheidung hervorgehobene Umstand, dass der Gebührentatbestand im Zuge der Neufassung der §§ 73 ff. StGB durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 nicht ebenfalls geändert worden ist) entgegen. Dass die in Ansatz gebrachte Gebühr dem Verteidiger nach der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung geltenden Rechtslage nicht zugebilligt worden wäre, eigne sich nicht, die Versagung des Gebührenansatzes nach neuem Recht zu begründen. Wenn nach der alten – zwischen Verfall und Einziehung unterscheidenden – Rechtslage hier nämlich der Verfall von Wertersatz gem. §§ 73, 73a StGB a.F. (sowie das Absehen davon gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a.F.) in Frage gekommen und bei der Frage, ob der Verfall des Wertersatzes als im Sinne des genannten Gebührentatbestands der Einziehung "gleichstehende Rechtsfolge" anzusehen war, Raum für die vom AG vorgenommene Unterscheidung gewesen wäre, ist dies gemäß der unterschiedslosen Bezeichnung der Anordnungen gem. §§ 73 ff. StGB n.F. als "Einziehung" nach der neuen gesetzlichen Regelung nun nicht mehr Fall.
Hinweis:
Die Entscheidung ist zutreffend. Das LG setzt die Gesetzesänderung im StGB, wo nicht mehr zwischen Verfall und Einziehung unterschieden wird, sondern nur noch die Maßnahme "Einziehung" vorgesehen ist, konsequent um. Wenn es nach dem StGB nur noch die Maßnahme der "Einziehung" gibt, dann entsteht (jetzt) in allen Fällen, in denen eingezogen wird, die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG. Auf die zum alten Recht streitige Frage, ob die Gebühr auch entsteht, wenn es um Wertersatz in Form eines zivilrechtlichen Schadensersatzes geht, kommt es nicht mehr an. So ist auch der Hinweis von Burhoff, in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Nr. 4142 VV Rn 7 a.E. zu verstehen.
Autor: Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
ZAP F. 22 R, S. 251–264