Gründe, die gegen eine wirksame Verteidigung des Beschuldigten durch einen bestimmten Rechtsanwalt sprechen, sind bei der Entscheidung über die Bestellung als Pflichtverteidiger zu berücksichtigen. Ein absehbarer Interessenkonflikt in der Person eines als Verteidiger in Betracht kommenden Rechtsanwalts kann dessen Bestellung im Einzelfall entgegenstehen, wenn deshalb eine geringere Effektivität seines Einsatzes als Strafverteidiger zu befürchten ist (vgl. BGHSt 48, 170, 173). Hierin kann mit Blick auf die auch durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK geforderte subsidiäre Verantwortung des Staates für eine wirksame Verteidigung ein wichtiger Grund i.S.v. § 142 Abs. 1 S. 3 StPO liegen, von der Bestellung dieses Rechtsanwalts zum Verteidiger abzusehen (BGH, Beschl. v. 24.2.2016 – 2 StR 319/15, StV 2016, 473 m. Anm. Barton = NStZ 2017, 59). Macht der Verurteilte vor der Pflichtverteidigerbestellung von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch, ist der benannte Verteidiger zu bestellen, wenn "kein wichtiger Grund entgegensteht". Von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Verurteiltem und Verteidiger ist auszugehen, wenn sich dies aus Umständen wie der Dauer des Mandatsverhältnisses sowie der Häufigkeit und der Intensität der bisherigen Kontakte ergibt. Auch wenn die Anzahl und kurze Dauer der bisherigen Mandatsverhältnisse insgesamt eher auf "leicht flüchtige" und gegen von besonderem Vertrauen geprägte Beziehungen zwischen dem Verurteiltem und all seinen früheren Verteidigern hindeuten, widerspricht dies nicht zwingend der Annahme eines Vertrauensverhältnisses zu dem nunmehrigen Verteidiger (KG StV 2016, 511). Die Beiordnung des Wahlverteidigers als Pflichtverteidiger kommt i.d.R. nicht in Betracht, wenn dieser zuvor durch die Übernahme eines Wahlmandats die Entpflichtung des bisherigen Pflichtverteidigers gem. § 143 StPO bewirkt und diesen aus seiner Verteidigerstellung verdrängt hat. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Wahlverteidiger, der die Entpflichtung eines Pflichtverteidigers erwirkt, seinen Beiordnungsantrag in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Entpflichtung oder mit zeitlicher Verzögerung stellt (KG NStZ 2017, 64).

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