(BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 24.11.2023 – 1 BvR 1962/23) • Urteile über die rechtliche Würdigung von Meinungsäußerungen, die den Sinn der umstrittenen Äußerung erkennbar verfehlen und darauf ihre rechtliche Würdigung stützen, verstoßen gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Diese Anforderungen werden bereits dann verletzt, wenn es der angegriffenen Entscheidung – wie hier – an einer Betrachtung des Kontexts sowie an jeglichen kontextbezogenen Feststellungen ermangelt. Zudem ist eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich eine Äußerung als Schmähung oder Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinne, als Angriff auf die Menschenwürde oder als Formalbeleidigung darstellt. Ist die zu beurteilende Äußerung im Kontext eines gerichtlichen Verfahrens gefallen, in dem der Äußernde verfahrensbeteiligt war (hier: Bestellung als Verfahrensbeistand in einem familiengerichtlichen Verfahren), so müssen die Gerichte in Erwägung ziehen, dass es unter dem Gesichtspunkt des sog. „Kampfs um das Recht” im Kontext rechtlicher Auseinandersetzungen grundsätzlich erlaubt ist, auch besonders starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um Rechtspositionen und Anliegen zu unterstreichen. Macht ein Verfügungsbeklagter in einer äußerungsrechtlichen Sache mit der Verfassungsbeschwerde – wie hier – Grundrechtsverletzungen geltend, die sich auf die Hauptsache beziehen, so verlangt der Subsidiaritätsgrundsatz, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde den in § 926 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage zu stellen.

ZAP F. 1, S. 165–165

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