Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (s. RVGreport 2012, 229 [Hansens] = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2017, 182 [ders.] = AGS 2017, 536; BGH RVGreport 2018, 466 [ders.]) sind diejenigen Kosten notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als notwendig ansehen darf. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtenauftrags abzustellen (s. BGH RVGreport 2003, 96 [Hansens] = AGS 2003, 178; BGH RVGreport 2006, 315 [ders.] = AGS 2006, 461; BGH RVGreport 2012, 229 [ders.] = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2013, 236 [ders.] = zfs 2013, 346).

In Anwendung dieser Grundsätze können auch die Kosten für ein Privatgutachten erstattungsfähig sein, das im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens eingeholt worden ist (BGH RVGreport 2013, 276 [Hansens]). In Anwendung dieser Grundsätze sind Privatgutachtenkosten in den folgenden Fällen erstattungsfähig:

  • Die Partei wäre ohne Einholung eines Privatgutachtens zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage gewesen (BGH RVGreport 2017, 182 [Hansens] = AGS 2017, 563). Dabei kommt es auch nicht zwingend auf die Darlegungs- und Beweislast der das Privatgutachten einholenden Partei an. Die Einholung des Privatgutachtens kann sogar vorprozessual erfolgen, wenn das Gutachten prozessbezogen ist (s. den Fall des BGH RVGreport 2018, 466 [Hansens], indem sich für die Beklagte bereits die Frage gestellt hatte, welche Tatsachen für eine substantiierte Klageerwiderung wesentlich sind).
  • Das Privatgutachten wird eingeholt, um die Richtigkeit eines Gerichtssachverständigengutachtens zu erschüttern oder gar zu widerlegen (BGH RVGreport 2012, 229 [Hansens]).
  • Eine dritte Fallgestaltung betrifft den Sonderfall des Kfz-Haftpflichtprozesses: Dort können die von der Kfz-Haftpflichtversicherung veranlassten Privatgutachtenkosten dann erstattungsfähig sein, wenn Anhaltspunkte für den Verdacht eines versuchten Versicherungsbetrugs vorgelegen haben (s. BGH RVGreport 2013, 236 [Hansens]). In einem solchen Fall gelten für die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten geringere Anforderungen als in den übrigen Fallgestaltungen.

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