a) Überblick

Mit Satz 2 der Anm. zu Nr. 3106 VV RVG ist die Höhe der Terminsgebühr für alle Fälle der Anm. S. 1 zu Nr. 3106 VV RVG festgeschrieben. Die Höhe der fiktiven Terminsgebühr beläuft sich erstinstanzlich immer auf 90 % der im konkreten Fall bestimmten Verfahrensgebühr.

Der Grund für diese Anbindung an die konkrete Höhe der Verfahrensgebühr liegt darin, dass die Terminsgebühr kaum anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG bemessen werden kann, weil es für diese Gebühr insbesondere nicht auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ankommen kann, da diese Gebühr ja gerade voraussetzt, dass kein Termin stattgefunden hat. Bei der fiktiven Terminsgebühr kommt es darauf an, dem Anwalt das gebührenrechtliche Interesse an der Durchführung eines Termins zu nehmen. Die Höhe der zu erwartenden Terminsgebühr wird häufig von Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit abhängen. Daher schien eine Anknüpfung an die Höhe der Verfahrensgebühr sachgerecht. Mit dem Prozentsatz von 90 % wollte der Gesetzgeber eine Gleichstellung mit den Verfahren herbeiführen, in denen nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird, dort beträgt das Verhältnis einer 1,2 Terminsgebühr zu einer 1,3 Verfahrensgebühr annähernd 90 %.

 

Beispiel 17: Berechnung der fiktiven Terminsgebühr (Verfahrensmittelgebühr)

Das Verfahren endet durch ein angenommenes Anerkenntnis, ohne dass mündlich verhandelt worden war. Der Anwalt berechnet bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr.

Ausgehend von der Mittelgebühr (300 EUR) ist jetzt für die Terminsgebühr ein Anteil von 90 % zu ermitteln, also 270 EUR.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG   300,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG   270,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 590,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   112,10 EUR
  Gesamt:   702,10 EUR

Wird die Verfahrensgebühr überdurchschnittlich angesetzt, dann fällt auch die fiktive Terminsgebühr entsprechend hoch aus.

 

Beispiel 18: Berechnung der fiktiven Terminsgebühr (überdurchschnittliche Verfahrensgebühr)

Das Verfahren endet durch ein angenommenes Anerkenntnis, ohne dass mündlich verhandelt worden war. Der Anwalt setzt eine Verfahrensgebühr von 400 EUR an.

Ausgehend von 400 EUR Verfahrensgebühr ist jetzt für die Terminsgebühr ein Anteil von 400 × 90 % = 360 EUR anzusetzen.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG   400,00 EUR
2. Terminsgebühr, Anm. S. 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG   360,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 780,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   148,20 EUR
  Gesamt:   928,20 EUR

Wird die Verfahrensgebühr unterdurchschnittlich angesetzt, dann fällt auch die fiktive Terminsgebühr entsprechend geringer aus.

 

Beispiel 19: Berechnung der fiktiven Terminsgebühr (unterdurchschnittliche Verfahrensgebühr)

Das Verfahren endet durch ein angenommenes Anerkenntnis, ohne dass mündlich verhandelt worden war. Der Anwalt setzt eine unterdurchschnittliche Verfahrensgebühr von 200 EUR an.

Ausgehend von 200 EUR Verfahrensgebühr ist jetzt für die Terminsgebühr ein Anteil von 200 × 90 % = 180 EUR anzusetzen.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG   200,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG   180,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 400,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   76,00 EUR
  Gesamt:   476,00 EUR

b) Verfahrensgebühr in Höhe des Mindestbetrags

Ergibt sich, dass für die Verfahrensgebühr lediglich der Mindestbetrag anzusetzen ist, also 50 EUR, würde sich bei Ansatz eines Prozentsatzes von 90 % ein Betrag i.H.v. 45 EUR ergeben. Der Mindestbetrag der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG beläuft sich aber bereits auf 50 EUR. Damit würde die fiktive Terminsgebühr rechnerisch unter dem Mindestbetrag liegen, der für eine Terminsgebühr vorgesehen ist. Dies kann aber nicht sein, da die Mindestgebühr eingehalten werden muss. Folglich steht dem Anwalt auch dann der Mindestbetrag der Terminsgebühr zu, wenn er über 90 % der Verfahrensgebühr liegt (SG Kiel AGS 2016, 219 = NZS 2016, 320 = RVGreport 2016, 181 = NJW-Spezial 2016, 379 = RVGprof. 2016, 126).

 

Beispiel 20: Berechnung der fiktiven Terminsgebühr (Verfahrensmindestgebühr)

Das Verfahren endet durch ein angenommenes Anerkenntnis, ohne dass mündlich verhandelt worden war. Angemessen sei die Verfahrensgebühr nur in Höhe des Mindestbetrags.

Ausgehend von 50 EUR Verfahrensgebühr wäre jetzt für die Terminsgebühr ein Anteil von 50 EUR × 90 % = 45 EUR anzusetzen. Da aber der Mindestbetrag der Terminsgebühr schon 50 EUR beträgt, kann die Terminsgebühr nicht geringer angesetzt werden.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG   50,00 EUR
2. Terminsgebühr, Anm. S. 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV RVG   50,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 120,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   22,80 EUR
  Gesamt:   142,80 EUR

c) Mehrere Auftraggeber

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, so erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG um 30 % je weiteren Auftraggeber. Diese Erhöhung gilt für die abgeleitete fiktive Terminsgeb...

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