Die Erfordernisse des elektronischen Rechtsverkehrs haben die Rechtsanwälte schon mehr verinnerlicht als viele Bezirksrevisoren, die Vertreter der Staatskasse sind. Dies belegt eine Reihe von Gerichtsentscheidungen:

  • So hat beispielsweise das OLG Bamberg (AGS 2023, 86 [Hansens]) darauf hingewiesen, dass auch die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe als elektronisches Dokument eingereicht werden muss.
  • Gleiches gilt für die Beschwerde der Staatskasse nach § 4 Abs. 3 JVEG gegen die Festsetzung der Entschädigung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen (LG Lübeck AGS 2023, 41 [Hansens]).
  • Kürzlich hat der BGH (AGS 2023, 470 [Burhoff]) entschieden, dass auch der Vergütungsantrag des anwaltlichen Berufsbetreuers gem. §§ 64 Abs. 2 S. 1, 14b Abs. 1 S. 1 FamFG als elektronisches Dokument einzureichen ist.
  • Mit der Verpflichtung zur Einreichung des Beratungshilfeantrags als elektronisches Dokument befasst sich Lissner in: AGS 2021, 533 ff.
  • Das OLG Saarbrücken RVGreport 2020, 116 (Hansens) hält es für erforderlich, dass der Rechtsanwalt, der seinem elektronisch gestellten Antrag auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung den Berechtigungsschein als eingescanntes Dokument beigefügt hat, das Original dieses Berechtigungsscheins dann nachreichen muss, wenn der für die Festsetzung der Vergütung zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Berechtigungsschein zur Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts für erforderlich hält. Strenger war das LG Saarbrücken (RVGreport 2019, 478 [Hansens]), das stets die Beifügung des Originals des Berechtigungsscheins auch im Falle der elektronischen Antragstellung für erforderlich gehalten hat.
  • Auch die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 3 i.V.m. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG, die gem. § 33 Abs. 7 S. 1 RVG schriftlich einzulegen ist, muss nach Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 12b S. 1 RVG i.V.m. den Formvorschriften, die für das der Wertfestsetzung zugrunde liegende Verfahren gelten (im Zivilprozess ist dies § 130d S. 1 ZPO), muss als elektronisches Dokument eingereicht werden. Alternativ bleibt dem Bezirksrevisor in vielen Fällen wie etwa nach § 33 Abs. 7 S. 1 RVG die Möglichkeit, die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben. In einem solchen Fall müsste sich also der Bezirksrevisor beispielsweise zur Rechtsantragsstelle begeben und seine Beschwerde dort zu Protokoll geben. Dieses Protokoll wird dann dem Beschwerdegericht eingereicht.
 

Gebührentipp:

Die vorstehend aufgeführten Beispiele und der Fall des LSG Nordrhein-Westfalen zeigen, dass die Einführung der elektronischen Akte und die damit verbundene Verpflichtung zur Übermittlung von Anträgen und sonstigen Schriftsätzen als elektronisches Dokument nicht nur die Rechtsanwälte, sondern auch die Vertreter der Staatskasse in der Praxis vielfach vor erhebliche Probleme stellt. Der Rechtsanwalt, der sich einem ihm selbst oder seinem Mandanten nachteiligen Antrag oder Rechtsbehelf des Vertreters der Staatskasse ausgesetzt sieht, sollte deshalb überprüfen, ob diese dem Gericht auch als elektronisches Dokument zugeleitet worden sind oder die Erklärung des Bezirksrevisors – wo dies gesetzlich zugelassen ist – zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben wurde. Sollten die Formerfordernisse nicht erfüllt sein, sollte der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht die Unzulässigkeit des Antrags oder des Rechtsbehelfs ausdrücklich rügen. Ist der Rechtsbehelf des Bezirksrevisors fristgebunden, sollte damit erst der Ablauf dieser Frist abgewartet werden.

ZAP F. 24, S. 131–144

Von Heinz Hansens, VorsRiLG a.D., Berlin

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