Mit einer Sorgerechtsvollmacht bevollmächtigt ein Elternteil den anderen das Sorgerecht allein auszuüben.

Auf die Sorgerechtsvollmacht finden die gesetzlichen Regeln der Stellvertretung nach den §§ 164 ff. BGB unmittelbar Anwendung (BGH FamRZ 2020, 1171). Sie ist eine selbstständige nicht annahmebedingte und frei widerrufliche Erklärung des Vollmachtgebers.

Das OLG Brandenburg (FamRZ 2022, 1202) weist darauf hin, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 BGB ein Eingriff in das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Grundrecht ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt. Sie kommt nur in Betracht, wenn dem Kindeswohl nicht durch mildere Mittel entsprochen werden kann.

Die Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht kann die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil entbehrlich machen (so auch OLG Brandenburg FamRZ 2022, 1860). Erforderlich ist, dass die Vollmacht dem bevollmächtigten Elternteil eine ausreichend verlässliche Handhabung zur Wahrnehmung der Kindesbelange gibt. Dies setzt eine ausreichende Kooperationsfähigkeit und Bereitschaft der Eltern voraus, soweit eine solche unter Berücksichtigung der durch die Vollmacht erweiterten Handlungsbefugnisse des bevollmächtigten Elternteils unerlässlich ist.

Der Umstand, dass die Vollmacht jederzeit widerrufen werden kann, steht der gemeinsamen Sorge nicht entgegen. Erst durch den tatsächlich erklärten Widerruf ergibt sich eine neue Sachlage.

Wie das OLG Dresden (FamRZ 2022, 1201 m. Anm. Hammer) darlegt, ist die elterliche Sorge aber trotz erteilter Sorgerechtsvollmacht dem anderen Elternteil zu übertragen, wenn der Vollmachtgeber den betreuenden Elternteil massiv bedroht, ihm jede Erziehungsfähigkeit abspricht und die Herausgabe des Kindes verlangt. Dieses Verhalten beinhaltet einen konkludenten Widerruf der Vollmacht.

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