Das Merkmal der "Tätigkeit in Angelegenheiten des Arbeitgebers" war bereits häufig Gegenstand der Rechtsprechung des Anwaltssenats. Der Senat sieht § 46 Abs. 5 BRAO bekanntlich nicht nur als Beschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis, sondern neben § 46 Abs. 24 BRAO als weitere tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusanwalt an (vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 13.7.2021 – AnwZ [Brfg] 62/19 Rn 13; BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18; krit. zu dieser Rechtsprechung Deckenbrock/Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 2 Rn 20a; Henssler JZ 2021, 212, 214 ff.). Eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers soll dabei keine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers darstellen – selbst wenn sich dieser zu einer Beratung des Kunden verpflichtet hat (zuletzt BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18). Die Ausrichtung der Tätigkeit soll sich dabei nach ihrem objektiven Inhalt bestimmen und nicht nach ihrem äußeren Erscheinungsbild. Zu Recht soll deshalb nicht maßgeblich sein, ob ein unmittelbarer Kundenkontakt besteht oder der Arbeitgeber die Arbeitsleistungen weiterleitet bzw. einen Mitarbeiter zwischenschaltet (BGH, Beschl. v. 13.7.2021 – AnwZ [Brfg] 62/19 Rn 15 ff.). Einzelheiten sind hier weiterhin umstritten. So soll es sich bei der Schadensregulierung durch den Versicherungsmakler um eine Kundenangelegenheit handeln (zuletzt BGH, Beschl. v. 13.7.2021 – AnwZ [Brfg] 62/19 Rn 14), wohingegen bei einem Haftpflichtversicherer angestellte Anwälte, sofern sie Unterstützung bei der Abwehr unberechtigter Haftpflichtansprüche leisten, als Syndikusanwälte zugelassen werden können (BGH, Urt. v. 2.11.2020 – AnwZ [Brfg] 24/19 m. Anm. Özman NJW 2021, 1241 f.). Der Anwaltssenat sieht den Unterschied darin, dass der Haftpflichtversicherer im Haftpflichtprozess direkt in Anspruch genommen werden kann (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG) und allein zu dem Zweck, die Schadensregulierung zu seinen Lasten zu vermeiden, in einem notwendig gleichgerichteten Interesse zum Versicherungsnehmer handele (BGH, Beschl. v. 13.7.2021 – AnwZ [Brfg] 62/19 Rn 20). Bemerkenswert ist, dass jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ausschließt, und zwar unabhängig von deren Umfang (BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 23/19).

Wie der BGH bereits 2020 entschieden hatte, sollte auch der Angestellte eines Schadensregulierungsbüros, dem die Abwicklung von Unfallschäden unter Beteiligung ausländischer Kfz für die in Deutschland zugelassenen Kfz-Haftpflichtversicherer übertragen wurde, keine Syndikuszulassung erlangen können (BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18; vgl. Deckenbrock/Markworth ZAP 2021, 9, 16 f.). In Reaktion auf die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nunmehr klargestellt, dass § 46 Abs. 5 BRAO (in seiner noch geltenden Form) verfassungsmäßig sei und der Beschwerdeführer nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit verletzt werde (BVerfG, Beschl. v. 27.4.2021 – 1 BvR 2649/20, BRAK-Mitt. 2021, 272 ff. [Ls.]). Es sei kein Raum für eine Aufhebung der zentralen Beschränkung der für angestellte Anwälte infrage kommenden Arbeitgeber. Zudem könne der Beschwerdeführer die von ihm gewählte Tätigkeit auch unabhängig von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt im Wesentlichen in dem arbeitsvertraglichen Umfang ausüben.

Zu beachten ist allerdings, dass die große BRAO-Reform (dazu II. 1.) insofern Änderungen für Syndikusrechtsanwälte mit sich bringt. Gemäß dem ab 1.8.2022 geltenden § 46 Abs. 6 BRAO n.F. dürfen bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber, der gleichwohl zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist, diese künftig auch durch einen Syndikusanwalt erbracht werden (vgl. zur Reform Baumert ZIP 2021, 1625 ff.; Deckenbrock DB 2021, 2270, 2274 f.). Dabei soll es sich zwar nicht um eine anwaltliche Tätigkeit i.S.v. § 3 BRAO handeln, weshalb dem Syndikusanwalt auch kein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 53 StPO zukommt, worauf er auch ausdrücklich hinzuweisen hat (§ 46 Abs. 6 S. 2, 3 BRAO n.F.). Es schadet aber künftig nicht mehr jede Tätigkeit für einen Dritten. Vielmehr steht § 46 Abs. 5 BRAO einer Syndikuszulassung nicht mehr entgegen, wenn es um Rechtsdienstleistungen geht, die nicht der Anwaltschaft vorbehalten sind. Dennoch muss der betreffende Anwalt den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit aber weiterhin allein für Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers aufwenden, diese müssen also das Arbeitsverhältnis i.S.v. § 46 Abs. 3 BRAO prägen.

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