Für Beweisverwertungsverbote gilt: § 136 Abs. 4 StPO ist eine Ordnungsvorschrift, die der Wahrheitsfindung und dem Schutz der Beschuldigten dient, indem sie die Dokumentation der Beschuldigtenvernehmungen insb. im Bereich vorsätzlich begangener Tötungsdelikte und bei Schutzbedürftigkeit der Beschuldigten verbessert. Ist keine Videoaufzeichnung vorhanden, gelten die hergebrachten Grundsätze für die Feststellung der Einhaltung der Vernehmungsförmlichkeiten im Freibeweisverfahren; der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt grds. nicht (statt aller Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 136 Rn 23, § 136a Rn 32). Aus dem Fehlen einer audiovisuellen Aufzeichnung kann also nicht der Schluss gezogen werden, dass die Vernehmungsförmlichkeiten nicht eingehalten wurden oder ihre Einhaltung nicht mehr feststellbar sei (BT-Drucks 18/11277, S. 27; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn 20a).

 

Hinweis:

Auch im Übrigen führt das Fehlen einer audiovisuellen Aufzeichnung grds. nicht zur Unverwertbarkeit der Aussage im weiteren Verfahren, auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine Aufzeichnung nach § 136 Abs. 4 StPO vorgelegen haben (BT-Drucks 18/11277, S. 27; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 136 Rn 20a). Das Fehlen einer audiovisuellen Aufzeichnung kann aber ggf. Auswirkungen auf die Beweiswürdigung und den Beweiswert von Angaben des Beschuldigten haben. In der Literatur wird vertreten (vgl. Singelnstein/Derin NJW 2017, 2646, 2649), dass ein Beweisverwertungsverbot zu bejahen ist, wenn das Unterlassen einer audiovisuellen Aufzeichnung bewusst willkürlich geschehen ist oder auf einer generellen Weisung beruht.

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